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Leseprobe CONNEXI Kardiologie Ausgabe 5-2019

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INTERVIEW Herr Dr.

INTERVIEW Herr Dr. Halboos, worum geht es bei der angestrebten HI-Netzwerkstruktur? Gibt es etwas Vergleichbares? Dr. Halboos: Wir wollen damit die Empfehlung der DGK und anderer Fachgesellschaften wie der Gesellschaft für Herzchirurgie und auch des Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) umsetzen. Dabei geht es um die Etablierung sogenannter Herzinsuffizienz-Netzwerke, um die anspruchsvolle und fachübergreifende Therapie der Betroffenen erfolgreicher zu gestalten. Die Idee ist, dass überregionale HI-Zentren, HI-Schwerpunktkliniken und -praxen, die auf die Versorgung von HI-Patientinnen und -Patienten spezialisiert sind, zertifiziert werden, um so vor allem deren langfristige Prognose nachhaltig zu verbessern. Wir wollen das zukunftsgerichtet gleich von Beginn an digital realisieren. Für die HI gibt es bislang kein Pilotprojekt. Es gibt zwar in der Onkologie solche Netzwerke, aber auf einem völlig anderen Niveau und viel besser organisiert. Die Tumorkonferenzen sind multidisziplinär besetzt, auch die Nachsorge ist einbezogen. Das gibt es in dieser Form in der Kardiologie nicht. CONFERENCES Sie sahen einen Bedarf für HI-Patienten, worin genau bestehen die Defizite und was war Ihre Idee für Herne? Dr. Halboos: Herne hat ca. 150.000 Einwohner, wir behandeln sehr viele HI-Patienten, die in der Folge oft unterversorgt sind, weil sich die Betreuung und die Weiterversorgung nach der Akutbehandlung im ambulanten Bereich auf Grund der verschiedenen fachärztlichen Strukturen und Schnittstellen schwierig gestaltet. Die HI ist eine chronische Erkrankung und bedarf einer regelmäßigen Überwachung. Die Patienten sind meist nur bei ihrem Hausarzt „angebunden“. Für diesen mag die Einschätzung der Situation bei einer komplexen Medikation schwierig sein und deren Indikations- Dr. med. Ali Halboos a.halboos@evk-herne.de und Variationsspektrum in Kombination mit anderen Medikamenten und Begleiterkrankungen im Verhältnis zur Zeit, die für jeden Patienten zur Verfügung steht, schier unüberblickbar. Es gibt dann noch Complianceprobleme seitens des Pa tienten, die Adhärenz lässt mehr und mehr nach, der Patient dekompensiert und landet wieder in der Klinik. Dort wird er wieder rekompensiert, und dann geht er wieder zum Hausarzt. Aus dieser suboptimalen Struktur ergab sich die Überlegung der Fachgesellschaften, regionale Netzwerke zu etablieren. 22

INTERVIEW Und so entstand bei uns die Idee, das EvKH Herne im Rahmen des neuen Zertifizierungsmodells der DGK als Schwerpunktklinik HI zertifizieren zu lassen. Der Antrag ist eingereicht. Damit das Ganze Hand und Fuß und eine Struktur hat, gibt es mittlerweile einen Patientenleitfaden und Schulungsmaterial für Patienten sowie für Schwestern und Pfleger, die dann standardisierte Schulungen durchführen. Neu ist, dass wir eine computerbasierte Netzwerkstruktur aufbauen wollen, für die wir alle Kardiologen in Herne und zunächst einige Hausarztpraxen mit ins Boot holen konnten. Alle, die wir kontaktiert und denen wir das Projekt vorgestellt haben, machen mit. Allein die Finanzierung war problematisch – Hardware, Software, Lizenzgebühren etc. Für die HI hat der Gesetzgeber bis jetzt noch keine Idee das Telemonitoring vernünftig zu vergüten, dafür eine Abrechnungsziffer zu generieren oder irgendetwas in dieser Richtung zu machen. Und genau so ist es mit computerbasierter Netzwerkarbeit, es ist zwar schnell gesagt, einen Computer hinzustellen und eine Software zu installieren – nur es bezahlt eben keiner, obwohl klar ist, dass wir um solche digitalen Netzwerkstrukturen nicht werden herumkommen und dass es auch langfristig kosteneffizient ist. Ich habe das Modell unserer Verwaltung vorgestellt: Wir machen es jetzt computergestützt, das hat Dynamik. Nach der Empfehlung der Fachgesellschaften und der überwältigenden Zustimmung der Kardiologen und Hausarztpraxen hat die Geschäftsführung schließlich zugestimmt, das Projekt als Exempel zu starten. Wie sind Sie vorgegangen, wie soll es genau funktionieren? Dr. Halboos: Als alle Fragen mit dem Softwarehersteller geklärt waren, wurde die Software bei uns installiert. Letzte softwaretechnische Details müssen noch umgesetzt werden, daran wird zurzeit gearbeitet. Aber wir sind in unserer Klinik inzwischen so weit organisiert, dass wir für alle Krankheitsbilder SOPs für die Versorgung von HI-Patienten haben, die auch bereits „gelebt“ werden. Die Niedergelassenen sind geschult, die Praxen haben einen Ansprechpartner bei Biotronik (dem IT-Anbieter), den sie jederzeit bei Problemen anrufen können. Nach der Zertifizierung, „Digitale Netzwerkstrukturen sind die Zukunft.“ die geplant im August erfolgt, werden wir das System gut „füttern“. Dann soll es so laufen, dass die Niedergelassenen uns Zeitslots vorgeben, jede Praxis hat Zugriff auf einen eigenen Kalender; Bsp. Mo, Mi, Frei, jeweils 9–14 Uhr können jeweils vier Pa tienten kommen. Wir entlassen den Patienten und können ihm schon direkt den Termin in der Praxis mitteilen, wann er hingehen kann. Die Praxis erhält über das System die Benachrichtigung, wer wann kommt. So soll es funktionieren. Man kann über einen Webbrowser von jedem Rechner, unabhängig davon, wo der steht, mit spezifischen Zugangsdaten, die wir vergeben, auf das System zugreifen. Jeder kann zu jeder Zeit live online sehen, was macht der andere Kollege gerade am Patienten. In diesem System pflegen wir alle HI-Patienten, die bei uns behandelt werden, ein. Wir screenen sie, entweder über die Diagnosen oder über unsere Echokardiografie-Abteilung. Sie werden ein Kärtchen bekommen, dass sie Mitglied mit Herner HI-Netzwerk sind, das sie dann immer bei ihrem Kardiologen oder bei ihrem Hausarzt vorzeigen sollen, so dass immer alle wissen, er/sie ist CONFERENCES 23

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