STAND DER TECHNIK Liquid-Kidney-Biopsie – Vorteile und Herausforderungen Justyna Siwy, Petra Zürbig und Harald Mischak, Hannover Zurzeit dient die Nierenbiopsie als Orientierungshilfe bei therapeutischen Entscheidungen im Rahmen von chronischen Nierenerkrankungen. Sie wird seit Jahrzehnten verwendet, ist ein invasives Verfahren und kann daher nicht mehrmals wiederholt werden. Die Nierenbiopsie gilt als Goldstandard, jedoch gibt es keine geeignete Studie, die den Nutzen der Biopsie bei einer Intervention zeigt. Außerdem ist die diagnostische Genauigkeit der klassischen Biopsie begrenzt, da sie einen erfahrenen Nephropathologen mit Kenntnissen nicht nur in der Nephropathologie, sondern auch in der klinischen Medizin erfordert, um die richtige Diagnose zu stellen [1]. CONFERENCES Die Mehrheit der Proteine im Urin kommt von der Niere [2], daher enthält das Urinproteom wesentliche Informationen über die Niere. Das Urinproteom könnte ähnliche Informationen wie die Nierenbiopsie liefern, daher kann dessen Untersuchung als Liquid Biopsy betrachtet werden. Die Methode Die wichtigsten Schlüsselhypothesen der Urin- Proteomanalyse sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Die Urin-Proteomanalyse wird immer mehr zu einem Routinewerkzeug in der Forschung und befindet sich auf dem Weg zur klinischen Umsetzung. Die heute verfügbaren Technologien ermöglichen die Bestimmung von Tausenden von Peptiden und Proteinen in einer Urinprobe innerhalb von 60 Minuten [3]. Das Urinproteom steht im Mittelpunkt großer multidisziplinärer Untersuchungen [4]. Der Ansatz wurde umfassend charakterisiert, unter anderem über eine Standard-Urinprobe, die den Vergleich von Datensätzen zwischen verschiedenen Laboratorien und Technologien ermöglicht [5]. Insbesondere die mit Tabelle 1: Die wichtigsten Schlüsselhypothesen der Urin- Proteomanalyse. • Proteine spielen eine aktive Rolle in jedem Organismus, da sie die normalen und pathologischen Prozesse antreiben • Proteine sind für krankheitsspezifische Prozesse verantwortlich und können mit Medikamenten gezielt adressiert werden • Die Analyse des Urinproteoms ermöglicht Diagnose, Prognose und Auswahl der therapeutischen Intervention (Liquid-Biopsie) Tabelle 2: Vergleich der herkömmlichen Biopsie mit der Liquid Biopsy Vorteile Limitationen Klassische Biopsie Basiert auf Gewebe, ermöglicht Visualisierung Hat eine lange Geschichte und darauf basierende Richtlinien und Nomenklaturen Invasiver Eingriff mit möglichem Patientenschaden Sollte nicht wiederholt werden Probe nicht immer repräsentativ Moderate Therapieorientierung Anwendbar im Spätstadium Liquid Biopsy Nichtinvasiv Kann wiederholt werden Urinprobe ist repräsentativ Im Frühstadium einsetzbar Mit Potenzial die Therapiewirkung abzubilden Neu, nicht bekannt Nicht in großen Studien getestet Nur für zuvor etablierte Krank heiten möglich der Massenspektrometrie gekoppelte Kapillarelektrophorese (CE-MS) ist für die Urin-Proteomanalyse gut geeignet. Die Analyse einer Urinprobe liefert Daten über mehrere tausend Peptide und Proteine, mithin eine Vielzahl von Informationen, die für klinische Zwecke genutzt werden können. Diese Überlegungen und die CE-MS-Technologieplattform waren die Grundlage, um das Urinproteom insbesondere für Biomarker im Kontext von Nierenerkrankungen zu untersuchen und zu nutzen [6–11]. 16
STAND DER TECHNIK Die Urinentnahme kann vom Patienten selbstständig und mehrmals durchgeführt werden und ist mit keinem Risiko verbunden. Schon aus diesem Grund erscheint es zwingend, die Urin-Proteomanalyse vor einer Biopsie durchzuführen, um einen vermeidbaren Schaden für den Patienten durch die Biopsie zu verhindern (Tabelle 2). Die Studienlage Die Präzision der Urin-Proteomanalyse wurde in mehreren Studien für verschiedene Anwendungskontexte untersucht [12], zum Teil in Studien, die über 1.000 Patienten umfassten. Diese Studien zeigten konsistent einen signifikanten Vorteil der Urin-Proteomanalyse gegenüber den herkömmlichen Methoden. Basierend auf diesen Daten wurde eine urinproteomgesteuerte multizentrische, randomisierte Interventionsstudie (PRIORITY) initiiert [13]. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnten an Hand der Urin-Proteomanalyse von 2.672 Patienten die wesentlichen molekularpathologischen Veränderungen in den jeweiligen Phasen der Nierenerkrankung identifiziert werden. Die Daten zeigen (Abbildung 1), dass bei einer Nierenerkrankung initial hauptsächlich eine Hemmung des Abbaus der extrazellulären Matrix involviert ist. In weiterer Folge stellen Entzündungsprozesse die wesentliche Pathologie dar, und gegen Ende (eGFR 80 70-79 60-69 50-59 40-49 30-39
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