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Leseprobe CONNEXI Nephrologie Ausgabe 6-2018

PRÄVENTION BEI

PRÄVENTION BEI DYSLIPIDÄMIEN LDL-Cholesterin und kardiovaskuläres Risiko Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse steigt mit dem Alter an, und ein gewisses Grundrisiko ist nicht modifizierbar – das Alter, das Geschlecht, aber auch die genetische Veranlagung. Umso wichtiger ist die aktive Behandlung der modifizierbaren Risiken. Eine solche Behandlung kann das Alter, in dem der Patient die Schwelle für klinische Ereignisse erreicht, um mehrere Jahre verschieben. Professor Ulrich Laufs vom Universitätsklinikum Leipzig beleuchtete in vier Schwerpunkten die Erkenntnisse zur Prävention von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und kardiovaskulären Todesfällen. „Der Zusammenhang zwischen LDL-Cholesterin und kardiovaskulärem Risiko ist linear, auch im unteren Bereich.“ CONFERENCES Zur Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C) sind die Statine am besten untersucht und seit Jahren im Einsatz. In der WOSCOPS-Studie wurden die Teilnehmer auch nach Ende der Studie noch mehrere Jahre lang nachbeobachtet – das schottische Gesundheitssystem machte es möglich. Die randomisierte Studie verglich Pravastatin und Placebo und lief über fünf Jahre. Bereits während der Studienlaufzeit zeigte sich ein statistisch signifikanter Zugewinn an Lebensjahren ohne kardiovaskuläres Ereignis – und dieser Unterschied nahm im Laufe der Nachbeobachtung noch zu. Zehn Jahre nach der Randomisierung hatten 12 % der Placebo-Patienten einen nicht tödlichen Myokardinfarkt erlitten oder waren an einem kardiovaskulären Ereignis verstorben. In der Pravastatin-Gruppe waren die 12 % erst nach 14 Jahren erreicht. Auch die Herzinsuffizienz kann auf diese Weise deutlich hinausgezögert werden, was sich in den aktuellen Leitlinien widerspiegelt. Dort wird neben der Senkung des erhöhten Blutdrucks eine Behandlung mit Statinen bei Patienten mit hohem Risiko für eine koronare Herzkrankheit empfohlen. Eine aktive Behandlung der modifizierbaren Risiken kann das Alter, in dem der Patient die Schwelle für klinische Ereignisse erreicht, um mehrere Jahre verschieben. Statine sind dabei sehr effektiv – was im Umkehrschluss bedeutet, dass alle zusätzlich erreichbaren Senkungen des Risikos sich im Differenzbereich zwischen dem Effekt der Statine und dem nicht modifizierbaren Risiko bewegen. Der Zusatznutzen wird also geringer ausfallen als der zwischen Placebo und Statin. Eine Senkung des LDL-C-Spiegels um 1 mmol bzw. 40 mg/dl halbiert statistisch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Dabei ist die Expositionsdauer entscheidend. Je länger der Patient niedrige LDL-C-Spiegel hat, desto ausgeprägter der Effekt. Lineare Beziehung zwischen LDL-C und kardiovaskulärem Risiko Statine können das LDL-C in den Normalbereich senken. Durch die Zugabe von Evolocumab lässt sich dieser Effekt noch deutlich steigern, wie die 38

PRÄVENTION BEI DYSLIPIDÄMIEN FOURIER-Studie gezeigt hat [1]. Mit Statin plus Placebo lag das LDL-C im Mittel bei 92 mg/dl, unter Statin plus Evolocumab bei 30 mg/dl. Aber bringt eine so starke Senkung des LDL-C tatsächlich einen klinischen Vorteil? Ja. Der Zusammenhang zwischen LDL-C und kardiovaskulärem Risiko ist linear, auch im unteren Bereich. Viel hilft in diesem Fall tatsächlich viel. Die erreichbare Risikoverminderung für den Patienten bestimmt sich aus seinem kardiovaskulären Gesamtrisiko, der Höhe seines Cholesterinspiegels vor der Behandlung, dem Ausmaß der Senkung des LDL-C und schließlich der Expositionsdauer. Professor Laufs erinnerte an die Stufentherapie zur Senkung des kardiovaskulären Risikos: Änderung des Lebensstils, Statine, Ezetimib, PCSK9-Inhbitoren und als Ultima Ratio eine Lipoprotein-Apherese. Entscheidend ist dabei die Therapietreue der Patienten: Senkung des LDL-C in niedrige Bereiche über viele Jahre ist der Schlüssel zum Behandlungserfolg, und dies ist nur durch eine verlässliche Medikamenteneinnahme zu erreichen. Was bringt die Ernährung? Wir wissen heute, dass der Cholesterinspiegel im Serum nicht durch den Darminhalt reguliert wird, sondern durch die Aktivität der Leber. In einem eindrucksvollen Fallbeispiel schilderte Laufs einen psychiatrischen Patienten, der über ein Vierteljahrhundert täglich zwei Dutzend Eier zu sich nahm. Sein Gesamtcholesterin lag zwischen 150 mg/dl und 200 mg/dl, er war inzwischen 88 Jahre alt und hatte keine koronare Herzkrankheit (KHK). Insgesamt wird heute die lange als gegeben angenommene Beziehung zwischen Fett- und Cholesterinverzehr und kardiovaskulärem Risiko in Frage gestellt. In der PURE-Studie wurden über 130.000 Patientinnen und Patienten über mehr als sieben Jahre beobachtet. In dieser Studie ließ sich „Ernährungsempfehlungen zur KHK-Prävention sollten nur noch dann gegeben werden, wenn sie tatsächlich durch sauber kontrollierte Studien begründet werden können.“ kein Zusammenhang zwischen hohem Fettverzehr und KHK-Risiko oder Gesamtsterblichkeit erkennen, auch die Fettsäurezusammensetzung spielte keine Rolle. Gesättigte Fettsäuren erhöhten weder KHK-Risiko noch die Gesamtsterblichkeit. Laufs zog aus der Studie den Schluss, dass Ernährungsempfehlungen zur KHK-Prävention nur noch dann gegeben werden sollten, wenn sie tatsächlich durch sauber kontrollierte Studien begründet werden können. Anderenfalls beeinträchtigen solche Empfehlungen nur sinnlos die Lebensqualität der Patienten. Sind super-niedrige LDL-C- Serumkonzentrationen sicher? Die FOURIER-Studie hat gezeigt, dass sich der LDL-C-Spiegel durch eine Kombination aus Statin plus Evolocumab um 59 % (bzw. absolut um 56 mg/dl) senken lässt. Diese sehr niedrigen LDL- CONFERENCES 39

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