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Leseprobe CONNEXI Nephrologie Dialyse Transplantation Ausgabe 2-2019

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DIAGNOSTIK UND THERAPIE

DIAGNOSTIK UND THERAPIE Fokal-Segmentale Glomerulosklerose Clemens D. Cohen, München FSGS Die fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS) beschreibt eine histopathologische Läsion, keine eigentliche Krankheit. Daher sollte versucht werden, jede FSGS entsprechend ihrer Genese einzuteilen. So kann die Therapie für den Patienten individuell gewählt werden. Tabelle 1: Klinische Einteilung des Befundes FSGS (modifiziert nach [1]). Unterform Primär Genetisch APOL1-assoziiert Infektassoziiert Medikamenten assoziiert Adaptiv Sekundär Typische Befunde Schweres nephrotisches Syndrom, histologisch oft tip lesion, hoher Anteil an Podozyten dedifferenzierung Meist Auftreten im ersten Lebensjahr, Mutationen in podozyten- oder schlitzmembranassoziierten Molekülen Genetische Risikovarianten, insbesondere bei Personen mit westafrikanischen Wurzeln (Afroamerikaner) z. B. HIV z. B. Bisphosphonat z. B. bei niedriger Glomeruluszahl (Frühgeburtlichkeit) oder schwerem Übergewicht z. B. bei Bluthochdruck oder in Folge anderer Glomerulopathie (z. B. IgA-Nephropathie) Die FSGS ist eigentlich eine nephro-pathologische Beschreibung. Die teilweise Sklerosierung der glomerulären Kapillarkonvolute in einzelnen Glomeruli gab der fokalen (d. h. nur in einzelnen Glomeruli) und segmentalen (d. h. nicht das ganze Konvolut betreffend) Sklerose ihren deskriptiven Namen [1]. Man kann die FSGS als sekundäre Form bei jeder glomerulären Schädigung finden; aber auch als eigene Krankheitsentität (primäre FSGS). Die „primäre“ FSGS ist dabei wohl als Kontinuum der fortschreitenden Podozytopathie einer Minimal- Change-Disease (MCD) zu verstehen [2]. Die FSGS lässt sich nach ihrer Genese, dem histopathologischen Befund und dem Therapieansprechen unterscheiden. Jede dieser Klassifikationen hilft, die Therapie individuell zu wählen. Klinisch unterscheidet man sieben Unterformen gemäß der wahrscheinlichen Genese des jeweiligen FSGS- Befundes (Tabelle 1): primär, monogenetisch, APOL1-assoziiert, infektassoziiert, medikamentenassoziiert, adaptiv oder sekundär. Der histopatho- 20

DIAGNOSTIK UND THERAPIE Tabelle 2: Histopathologische Einteilung der fokal-segmentalen Glomerulosklerose (modifiziert nach [17]). Histopathologische Unterform NOS – nicht anders zu spezifizieren Perihilär (Sklerose am vaskulären Pol) Cellulär (endokapilläre Proliferation) Tip lesion (Sklerose am tubulären Pol) Collapsing (Kollaps bei extra kapillärer Proliferation) logische Befund sollte die FSGS bestmöglich als „nicht anders zu spezifizieren“ (NOS), perihiläre FSGS, zelluläre FSGS, tip lesion FSGS oder kollabierende FSGS beschreiben (Tabelle 2). Und therapeutisch kann man die FSGS je nach Verlauf in steroidsensitiv, steroidresistent, steroidabhängig oder frequent relapsing einteilen (Tabelle 3). Klinische Einteilung Typische Befunde Häufigste Form, sowohl bei primärer als auch sekundärer Form Meist adaptiv; oft subnephrotische Proteinurie und normales Serumalbumin Meist primär; seltener Befund Häufig bei primärer Form und Kaukasiern, oft steroidsensitiv z. B. HIV, schlechte Prognose; überwiegend Afroamerikaner Tabelle 3: Einteilung des nephrotischen Syndroms nach Ansprechen auf Steroide (modifiziert nach [8]). Form des Therapieansprechens Steroidresistentes nephrotisches Syndrom (SRNS) Steroidsensibles nephrotisches Syndrom (SSNS) Steroidabhängiges nephrotisches Syndrom (SDNS) Frequent relapsing nephrotisches Syndrom (FRNS) Befundkonstellation Kein Ansprechen auf z. B. Prednisolon 1 mg/kg Körpergewicht/Tag über 16 Wochen Ansprechen auf Prednisolon z. B. zwei Rezidive bei Reduktion des Steroids z. B. vier Rezidive innerhalb von zwölf Monaten Ein Vollbild eines nephrotischen Syndroms mit niedrigem Serumalbumin entspricht dem klinischen Bild einer primären Podozytopathie. Bei Vorliegen von glomerulären Sklerosen liegt eine „primäre FSGS“ vor [2]. Elektronenmikroskopisch findet sich eine schwere Dedifferenzierung der Podozyten. Es ist sehr suggestiv, dass bei manchen dieser Patienten ein löslicher zirkulierender Faktor die Podozytenschädigung bedingt [3]. Leider ist dieser Faktor noch nicht sicher identifiziert und entzieht sich daher einem diagnostischen oder therapeutischen Einsatz. Liegt hingegen eine allmähliche Entwicklung einer Proteinurie mit normalem Serumalbumin, beispielsweise bei langjährigem arteriellen Hypertonus, vor, handelt es sich vielmehr um eine „sekundäre FSGS“. Bei schwerer Adipositas oder niedriger Glomeruluszahl (z. B. bei Frühgeburtlichkeit) scheint eine chronische Hyperfiltration zur „adaptiven FSGS“ zu führen. Bei jungen Kindern, insbesondere im ersten Lebensjahr, liegt häufig eine genetische FSGS vor, die durch bekannte kausative Mutationen erklärbar ist. Die meisten Genprodukte der betroffenen Gene spielen eine zentrale Rolle in der Biologie der Podozyten oder der sogenannten „Schlitzmembran“. Über alle Altersgruppen wird eine single gene mutation in circa einem Viertel der Fälle mit steroidresistentem nephrotischen Syndrom gefunden [4, 5]. Auch genetisch bedingt, aber nicht monogenetisch, ist die APOL1-assoziierte FSGS. Zwei Polymorphismen im APOL1-Gen sind bei Personen mit westafrikanischer Abstammung klar mit dem Risiko einer FSGS- Entwicklung assoziiert [6, 7]. APOL1-Varianten sind auch mit der Entwicklung einer HIV-Nephropathie assoziiert, welche histologisch das Bild einer „kollabierenden“ FSGS zeigt. Auch andere Infekte können zu einer FSGS führen. Ebenso können manche Medikamente wie Bisphosphonate oder Drogen (z. B. Heroin) eine FSGS verursachen. Schlussendlich kann die FSGS als Folgeschaden anderer Glomerulopathien bestehen, z. B. dem Syndrom der dünnen Basalmembran, IgA-Nephropathie oder Lupusnephritis. Therapieoptionen Bei den allermeisten FSGS-Formen ist die Ausschöpfung von Allgemeinmaßnahmen sinnvoll, dies umfasst die konsequente Blutdruckeinstellung mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker, die kardiovaskuläre Protektion (z. B. mit Statin), CONFERENCES 21

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