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Leseprobe CONNEXI 2020-05 SCHMERZ Palliativmedizin

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LEITLINIEN CONFERENCES

LEITLINIEN CONFERENCES Abbildung 4: High-Intensity-Zone (HIZ) in Höhe Lw4/5. Facettendenervation unter Durchleuchtung in Frage. Diese auch als perkutane Neurotomie bezeichnete Maßnahme wird in den Leitlinien empfohlen (100 % Konsens). Ziel ist es hierbei, die Schmerzweiterleitung zu unterbrechen. Bei sorgfältiger Diagnostik und technisch korrekter Durchführung konnte eine wesentliche Schmerzreduktion bei zirka 60 % der Patienten erreicht werden mit einer Wirkdauer von über einem Jahr [7, 8]. Mit ungenauer Indikation und inkorrekter Technik lassen sich diese guten Ergebnisse nicht erreichen [9]. Wie wichtig eine genaue Diagnostik und die korrekte Technik sind, zeigt eine aktuelle Untersuchung [10]. Ein Facettengelenkschmerz als spezifische Schmerzursache bei chronischen Lumbalgien lässt sich somit durch invasive Techniken diagnostizieren und dann auch leitlinienkonform behandeln. Discogener Schmerz Ganz anders sieht es beim discogenen Schmerz aus. Eine Diagnose ist möglich, allerdings existiert momentan keine ausreichende Evidenz für eine Therapie des discogenen Schmerzes. Die Bandscheibe ist die häufigste Schmerzursache bei jüngeren Erwachsenen. Ein discogener Schmerz ist eine eigenständige Erkrankung und nicht mit einem Bandscheibenvorfall gleichzusetzten, denn auch ohne einen Vorfall oder eine Protrusion können Bandscheiben weh tun: Es existiert eine Nervenversorgung und die Provokation der Bandscheibe bei Gesunden verursacht Schmerzen [11]. Die Diszitis ist beispielsweise eine sehr schmerzhafte Erkrankung der Bandscheibe, aber auch die Osteochondrose und die internal disc disruption sind schmerzhaft. Anders als bei den Facettengelenkschmerzen kann die Bildgebung (MRT, Discographie) durchaus hilfreich sein. Es stellt sich aber die berechtigte Frage, ob es klinisch nützlich ist, die Diagnose eines discogenen Schmerzes zu sichern. Da keine evidenzbasierte Therapie vorhanden ist, ist ein positiver therapeutischer Nutzen eher fraglich. Es existiert aber ein negativer therapeutischer Nutzen [11], was bedeutet, dass bei einer gesicherten spezifischen Schmerzursache weitere Diagnostik vermieden werden kann. In der Bildgebung kann eine High-Intensity- Zone (HIZ) (Abbildung 4) auf einen discogenen Schmerz hinweisen. Es gibt Literatur, die zeigt, dass ein HIZ gut mit einer Schmerzreproduktion in der Discographie korreliert [12], insgesamt ist die Evidenz, ob HIZ tatsächlich symptomatisch sind, aber schlecht [13]. Mit Hilfe der Provokations-Diskographie lässt sich ein discogener Schmerz diagnostizieren. Bei leitliniengerechtem Vorgehen beträgt die Falschpositiv-Rate lediglich 9,3 % pro Patient bzw. 6 % pro behandelter Bandscheibe [14]. Nach positiver Discographie zeigt sich eine dreimal so hohe Erfolgsrate einer nachfolgenden Spondylodese [14]. Allerdings sind die möglichen Komplikationen (Spondylodiszitis, vermehrte Degeneration) zu berücksichtigen, insbesondere da kaum evidente Therapien des discogenen Schmerzes existieren. 26

LEITLINIEN Gerade weil etablierte Verfahren zur Behandlung discogener Schmerzen fehlen, sind die Therapieoptionen vielfältig und reichen von Medikamenten- Injektionen (Glucocorticoide, Methylenblau, Ozon, Ethanol, Wachstumsfaktoren, Antikörper) über regenerative Medizin (platelet rich plasma, Chondrozyten-Transplantation, Stammzellen) hin zu perkutanen minimalinvasiven Operationen (Laser, IDET, nucleoplasty), endoskopischen Verfahren und bis hin zur Spondylodese. Zusammenfassung Prof. Dr. med. Stephan Klessinger klessinger@neurochirurgie-bc.de Spezifische Schmerzursachen sind sehr häufig für chronische Rückenschmerzen verantwortlich. Bei jungen Erwachsenen kommen vor allem discogene Schmerzen in Betracht, später sind die Facettengelenke und das ISG eine typische Schmerzursache. Der Nachweis dieser Ursachen kann durchaus aufwendig sein, ist aber wichtig, um nicht fälschlich von einem nichtspezifischen oder gar psychogenen Schmerz auszugehen und um gegebenenfalls (Facettengelenkschmerzen) eine spezifische Therapie einzuleiten. Referenzen 1. DePalma MJ. Diagnostic nihilism toward low back pain: what once was accepted, should no longer be. PainMed 2015; 16: 1453–4. 2. Bogduk N, Stojanovic MP. Progress in evidence-based interventional pain medicine: highlights from the spine section of pain medicine. Pain Med 2019; 20(7): 1272–4. 3. DePalma MJ, Ketchum JM, Saullo T. What is the source of chronic low back pain and does age play a role? PainMed 2011; 12(2): 224–33. 4. Klessinger S, Freund W. Association between magnetic resonance imaging and the result of medial branch blocks. Pain Studies and Treatment 2017; 5: 1–10. 5. Barnsley L, Lord SM, Wallis BJ, Bogduk N. The prevalence of chronic cervical zygapophysial joint pain after whiplash. Spine (Phila Pa 1976). 1995; 20(1): 20–5. 6. Engel A, MacVicar J, Bogduk N. A philosophical foundation for diagnostic blocks, with criteria for their validation. Pain Med 2014; 15(6): 998–1006. 7. MacVicar J, Borowczyk JM, MacVicar AM et al. Lumbar medial branch radiofrequency neurotomy in New Zealand. Pain Med 2013; 14(5): 639–45. 8. Conger A, Burnham T, Salazar F et al. The Effectiveness of radiofrequency ablation of medial branch nerves for chronic lumbar facet joint syn-drome in patients selected by guideline-concordant dual comparative medial branch blocks. Pain Med 2020; 21(5): 902–9. 9. Juch JNS, Maas ET, Ostelo RWJG et al. Effect of radiofrequency denervation on pain intensity among patients with chronic low back pain: the mint randomized clinical trials. JAMA 2017; 318: 68–81. 10. Schneider BJ, Doan L, Maes MC et al. Systematic review of the effectiveness of lumbar medial branch thermal radiofrequency neurotomy, stratified for diagnostic methods and procedural technique. Pain Med 2020; 21(6),1122–41. 11. Bogduk N, April C, Derby R. Review article. lumbar discogenic pain: state-of-the-art review. Pain Med 2013; 14: 813–36. 12. Fang C, Zhang W, Chen L, Li H. The correlation between the high-intensity zone on a T2-weighted MRI and positive outcomes of discography: a meta-analysis. J Orthop Surg Res 2017; 12(1): 26. 13. Cheung JPY, Luk KDK. The relevance of high-intensity zones in degenerative disc disease. International Orthopaedics (SICOT) 2019; 43: 861–7. 14. McCormick ZL, DeFrancesch F, Loomba V et al. Diagnostic value, prognostic value, and safety of provocation discography. PainMed 2018; 19(1): 3–8. Prof. Dr. med. Stephan Klessinger Neurochirurgie Biberach Eichendorffweg 5, 88400 Biberach CONFERENCES 27

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