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Leseprobe CONNEXI 2020-3 Infektiologie

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STI-LEITLINIEN Relevanz

STI-LEITLINIEN Relevanz und Umsetzung im klinischen Alltag Norbert Brockmeyer, Bochum ©Shutterstock/TypoArt BS STI-Leitlinien bilden, dem Wesen von Leitlinien aller medizinischen Disziplinen entsprechend, Empfehlungen derjenigen Fachgesellschaften ab, die qua Fachrichtung mit Diagnostik und Therapie von STI in Berührung kommen (könnten) – mit dem Ziel, in spezifischen Situationen behandelnden Ärzt*innen auf der Grundlage aktueller und evidenzbasierter Daten sowie in der Praxis bewährter Verfahren bei der Entscheidungsfindung zur Seite zu stehen. CONFERENCES 1 Ein fortlaufend aktualisierter Überblick der publizierten nationalen und internationalen Leitlinien zu STI ist auf der Homepage der Deutschen STI-Gesellschaft zu finden https://www.dstig.de/literaturleitlinienlinks/leitlinien.html. Im Bereich der STI liegen zu nahezu allen Erregern und Krankheitsbildern gesonderte Leitlinien vor, die national und international erarbeitet worden sind und regelmäßig aktualisiert werden 1 . Erst seit kurzer Zeit existiert eine Leitlinie zur allgemeinen STI-Beratung, die in verknappter Form auch die einzelnen Erreger mitsamt deren Diagnostik und Therapie behandelt (sexuell übertragbare Infektionen [STI] – Beratung, Diagnostik, Therapie) [1]. Diese Beratungsleitlinie versammelt erstmals Hinweise zur professionellen Gesprächsführung im Bereich STI, die ein besonderes Maß an Einfühlungsvermögen und Hintergrundwissen zu diversen Lebens- und Liebeswelten erfordert. Darin liegt ihr besonderes Verdienst, das sie zu einem guten Werkzeug macht, vor allen Dingen im niedergelassenen Bereich, in dem STI oftmals eine untergeordnete Rolle spielen und weil teils beidseitige Unsicherheiten in Bezug auf das Sprechen über Sexualität den Dialog und somit Diagnostik und ggf. die Therapie erschweren. 46

Veränderung der Fokusse Besondere Relevanz kommt bei den STI-Leitlinien denjenigen Fällen zu, in denen sich die Behandlungsoptionen rasant wandeln oder aber sich Resistenzproblematiken eröffnen, die Behandler*innen und Public Health vor große be handlerische Heraus forderungen stellen. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur einige Beispiele herausgreifen: Bei der Therapie der Gonorrhoe etwa liegt der Fokus aufgrund der inzwischen dramatischen Resistenzlage [2, 3] auf gutem Resistenzmanagement: Laut aktuellen Leitlinien wird die empfohlene Dosierung von Ceftriaxon erhöht auf 1 g [4] bzw. 1−2 g [5], welches einmalig i.v. o i.m. zu verabreichen ist. Bei unbekannter Erregerempfindlichkeit und fehlender/unbekannter Therapieadhärenz des oder der Patienten*in sollen zusätzlich 1,5 g Azithromycin p.o. einmalig gegeben werden. Auch bei unkomplizierten genitalen, anorektalen oder oropharyngealen Infektionen mit Chlamydia trachomatis wurden die empfohlenen Dosierungen jüngst modifiziert. Die Standardtherapie lautet Doxycyclin 100 mg 2x tgl. p.o. für die Dauer von siebenTagen; eine zusätzliche Gabe von einmalig zusätzlich 1 g [6] bzw. 1,5 g [7] Azithromycin p.o. soll aufgrund des bestehenden Resistenzrisikos und geringeren Ansprechraten je nach Lokalisation nur bei nachgewiesener Unverträglichkeit, Schwangerschaft und bei Koinfektion mit Mykoplasma genitalium erfolgen. Großer Diskussionsbedarf besteht in Hinblick auf die pathogenetische Relevanz und Behandlung der Mykoplasmen und Ureaplasmen, zu denen aktuell erstmals eine deutsche Leitlinie in der Erarbeitung ist (federführende Gesellschaft: DSTIG; geplante Veröffentlichung: Ende 2020) [8]. Im Bereich der HIV-Prävention durch die PrEP [9], die seit September 2019 die Kassenzulassung hat, und der Behandlung von HIV durch Antiretrovirale Prof. Dr. med. Norbert Brockmeyer n.brockmeyer@klinikum-bochum.de Therapie (ART) (auch unter Berücksichtigung spezifischer Konstellationen, beispielsweise HIV-diskordante Paare, HIV in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neonaten, HIV bei Kindern und Jugendlichen) ebenso wie hinsichtlich der Therapie von Hepatitis C trägt eine Vielzahl veröffentlichter Leitlinien den schnellen Veränderungen hinsichtlich zur Verfügung stehender Präparate Rechnung [10, 11]. Regularien der Leitlinienerstellung In Fachkreisen entsteht bisweilen der Eindruck, die Erstellung einer Leitlinie ginge mit einem nahezu unüberschaubaren administrativen und organisatorischen Aufwand einher. Um diese Befürchtung zu relativieren, werden die entsprechenden Regularien an dieser Stelle knapp dargestellt. Alle relevanten Informationen hierzu stellt die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) bereit, über die deutsche Leitlinien in der Regel auch veröffentlicht werden (https://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk/ ll-entwicklung.html). Foto: Birgit Greifenberg/dpa CONFERENCES 47

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