STI IN ZEITEN VON PrEP Aktuelle Daten aus der MSM-Screening-Studie Klaus Jansen, Gyde Steffen, Berlin Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sind häufiger mit der Diagnose einer sexuell übertragbaren Erkrankung (STI) konfrontiert als andere Populationen. Zur Verhinderung einer Verbreitung sind eine frühe Diagnose und adäquate Therapie erforderlich. Um für die Ausgestaltung von Angeboten in der STI-Versorgung von MSM eine gute Evidenzlage zu schaffen, führte das RKI im Jahr 2018 die MSM-Screening-Studie durch. Wir stellen aktuelle Daten vor. CONFERENCES Hintergrund und Ziele der MSM-Screening-Studie Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sind oftmals überproportional von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) wie z. B. Chlamydien, Gonokokken, Syphilis oder HIV betroffen [1−3]. STI können chronifizieren und zu zum Teil schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen. Asymptomatische STI können zu einer verzögerten Diagnose und Behandlung führen und damit zu einer Erhöhung der Krankheitslast. Extragenitale STI bei MSM sind häufig [2] und tragen zu einer weiteren Verbreitung bei, wenn sie nicht diagnostiziert und behandelt werden. Bei HIV-positiven MSM wurden bisher oftmals höhere STI-Prävalenzen festgestellt als bei HIV-negativen MSM [4]. Leitlinien sehen eine regelmäßige, risikoadaptierte STI-Testung auch für MSM vor [5]. Die Kosten hierfür werden aber nicht von den Krankenkassen übernommen, soweit keine Symptome oder ein sehr konkreter Verdacht auf eine STI vorliegen, und stellen Behandlerinnen und Behandler damit vor große Herausforderungen in Bezug auf deren Budget. 54
STI IN ZEITEN VON PrEP Passgenaue Angebote senken die Krankheitslast Gründe für bei MSM häufiger gestellte STI- Diagnosen sind auf epidemiologischer Ebene eine erhöhte Prävalenz von STI in dieser Gruppe und damit auch ein höheres Risiko, bei Sexualkontakten mit einer STI infiziert zu werden. Auf individueller Ebene werden bei Untergruppen von MSM höhere Partnerzahlen und ein risikoreicheres Sexualverhalten berichtet − beides ebenfalls bekannte Faktoren, die das Risiko für den Erwerb einer STI erhöhen. Ein auf möglichst hohe Effektivität seiner Maßnahmen ausgerichteter Public Health-Ansatz sollte für die Ausgestaltung guter Angebote zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von STI bei MSM (und generell) lebensstilakzeptierend sein und Angebote auf Grundlage einer risikoadaptierten Sexualanamnese machen. Durch ein solches Vorgehen können passgenaue und möglichst niedrigschwellige Angebote gemacht werden, die in der Folge zu einer möglichst starken Reduzierung der Krankheitslast auf individueller wie kollektiver Ebene führen. Engmaschiger testen? Im Jahr 2016 wurde auch in Deutschland die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gegen HIV zugelassen, die ein zusätzliches und nach Studienlage effektives weiteres Präventionsinstrument gegen HIV darstellt. Obwohl in der Zulassung der regelmäßige Gebrauch von Kondomen bei Anwendung der PrEP empfohlen wird, ist davon auszugehen, dass ein häufiger Grund zur Anwendung der PrEP unter anderen auch der Verzicht auf Kondome bei gleichzeitigem Schutz gegen eine HIV-Infektion ist. Seit Einführung der PrEP wird diskutiert, ob deren Anwendung durch häufigeren Kondomverzicht und einer Steigerung risikoreicheren sexuellen Verhaltens zu einem Anstieg anderer STI wie Chlamydien, Gonokokken, Syphilis u.a. führt. Als Argument Dr. phil. Klaus Jansen JansenK@rki.de gegen einen dauerhaften Anstieg solcher STI bei PrEP-Anwendern wird die dann empfohlene regelmäßige und recht engmaschige Testung auf das Vorliegen zumindest einiger STI diskutiert, die zu einer rascheren Diagnose und Behandlung von STI und damit mittel- und langfristig zu einer Verminderung der Prävalenz führen können. Die Deutsch- Österreichischen Leitlinien sehen augenblicklich eine Untersuchung auf Syphilis alle drei Monate, auf Chlamydien und Gonokokken an drei Lokalisationen alle 3−6 Monate vor [6]. Ziele der Screening-Studie Um für die Ausgestaltung von Angeboten in der STI-Versorgung von MSM eine gute Evidenzlage zu schaffen, führte das RKI im Jahr 2018 die MSM- Screening-Studie durch, um die aktuelle Prävalenz von Chlamydia trachomatis, Mycoplasma genitalium, Neisseria gonorrhoeae und Trichomonas vaginalis bei MSM in Deutschland sowie damit zusammenhängende Risikofaktoren zu bestimmen und damit geeignete Interventionen planen zu können. Hierbei standen die PrEP und die sys- CONFERENCES 55
AIDS und Hepatitis 6-2019
Laden...
Laden...
Laden...
The Paideia Group GmbH
Dammsmühlerstr. 35
13158 Berlin
Tel: +49 (0)30 40303692
Fax: +49 (0)30 40303696
mail@thepaideiagroup.com