STI IN ZEITEN VON PrEP 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 40 29 25 19 16 15 14 14 10 9 7 7 gesamt Chlamydien Gonokokken Mykoplasmen HIV + HIV-/Prep- HIV-/Prep+ Abbildung 3: STI-Prävalenz, nach HIV/PrEP-Status und Erreger. 30 21 16 13 10 8 8 8 7 pharyngeal rektal urogenital HIV + HIV-/Prep- HIV-/Prep+ Abbildung 4: STI-Prävalenz, nach HIV/PrEP-Status und Lokalisation. Bedeutung der Ergebnisse der MSM- Screening-Studie Im Rahmen der MSM-Screening-Studie wurden insgesamt hohe STI-Prävalenzen bei MSM gefunden. Mit ca. zwei Dritteln war ein hoher Anteil der STI-positiven MSM symptomlos. Für die Studie wurden infektiologische Zentren mit MSM-freundlichem Angebot ausgewählt, die für MSM in diesen Städten oftmals auch eine Art Hausarzt-Funktion übernehmen. MSM suchen diese Praxen daher nicht nur wegen HIV/STI-bezogener Anliegen auf. Durch die Rekrutierung möglichst aller MSM, die im Studienzeitraum die Praxen aufsuchten, wurde versucht, nicht nur MSM mit einem hohen Risikoprofil für STI in die Studie einzuschließen und damit durch die MSM-Screening-Studie ein möglichst breites epidemiologisches Bild für MSM in Deutschland abzubilden. Die Praxen berichteten nach Durchführung der Studien, nicht verstärkt MSM mit einem erhöhten STI-Risiko eingeschlossen zu haben, um für diese eine kostenlose Diagnostik im Rahmen der Studie abdecken zu können. Auch wenn solche Rekrutierungseffekte hin zu Personen mit einem erhöhten Risikoprofil nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, zeigte die MSM-Screening-Studie für MSM in deutschen Großstädten generell hohe STI- Prävalenzen, insbesondere für Mycoplasmen. CONFERENCES Stratifizierte man die HIV-negativen MSM nach PrEP-Gebrauch, traten deutliche Unterschiede zwischen den drei Gruppen zutage. Die HIV-negativen MSM mit PrEP-Gebrauch wiesen nun mit 40,2 % die mit Abstand höchste Gesamt-STI-Prävalenz auf, gefolgt von HIV-positiven MSM mit 29,4 % und HIVnegativen MSM ohne PrEP-Gebrauch mit 25,0 % (Abbildung 3). Diese Verteilung ergab sich auch bei Analyse der einzelnen STI (Abbildung 3) sowie der verschiedenen Lokalisationen (Abbildung 4). Kombination des HIV-Status mit dem PrEP-Gebrauch relevant Die STI-Prävalenzen unterschieden sich, anders als in früheren Studien, nicht zwischen HIV-positiven und HIV-negativen MSM, relevant war hier vielmehr die Kombination des HIV-Status mit dem PrEP- Gebrauch. HIV-negative MSM mit PrEP-Gebrauch wiesen die mit Abstand höchsten STI-Prävalenzen für alle gemessenen STI auf. Die Studie zeigte, dass die höheren Prävalenzen in dieser Gruppe gegen- 58
STI IN ZEITEN VON PrEP über HIV-positiven MSM zumindest zum Teil durch Unterschiede in STI-relevantem sexuellen Risikoverhalten begründet waren. Von HIV-negativen MSM mit PrEP-Gebrauch wurden am häufigsten verschiedene Sexualpraktiken berichtet, die in der multivariaten Analyse unabhängig voneinander mit einem erhöhten STI-Risiko einhergingen. HIV-negative MSM mit PrEP-Gebrauch wiesen die mit Abstand höchsten STI-Prävalenzen für alle gemessenen STI auf. PrEP-Gebrauch wichtige Indikation für STI-Testung Die Studie zeigt, dass PrEP-Gebrauch eine sehr wichtige Indikation für eine angemessene STI- Testung darstellt. Dabei ist die Kostenerstattung der STI-Testung durch die Krankenkassen ein überaus wichtiger Faktor zur Umsetzung effektiver Screening-Maßnahmen. Eine privat durch die PrEP-Gebraucher zu bezahlende STI-Testung stellt in der Realität sicher keine aus Public Health-Sicht befriedigende Test-Abdeckung sicher. Hier wird eine geeignete Umsetzung der STI-Testung auf Grundlage des im Herbst 2019 in Kraft tretenden „Terminservice- und Versorgungsgesetzes“ [10] eine entscheidende Rolle spielen. Eine adäquate STI-Testung stellt im Rahmen der PrEP die zentrale Grundlage für eine möglichst frühe und damit effektive Diagnose und Behandlung von STI für PrEP-Gebraucher dar und damit ein wichtiges Instrument zur Vermeidung ansteigender STI-Prävalenzen. Die Beratung von PrEP-Usern sollte vor dem Hintergrund der Studienergebnisse dabei insbesondere die Benutzung von Kondomen als wichtige Möglichkeit zur Vermeidung von STI sowie den Gebrauch von Party-Drogen adressieren. Die in der MSM-Screening-Studie gefundenen STI-Prävalenzen zeigen zudem, dass eine Risikoadaptierte STI-Testung auch wichtig für HIV-negative MSM ohne PrEP-Gebrauch sowie HIV-positive MSM ist. Eine zentrale Grundlage für eine Testung ist dabei eine ausführliche Sexual-Anamnese, mit deren Hilfe Risikofaktoren identifiziert und die Notwendigkeit und Häufigkeit einer STI-Testung individuell festgelegt werden können. Die Studienergebnisse zeigen ebenfalls, dass eine allein urogenitale STI-Diagnostik den größeren Teil der Infektionen nicht erkennen würde, insbesondere bei Vorliegen asymptomatischer Infektionen. Debatte über Behandlungs bedürftigkeit von Infektionen Aktuell findet vor dem Hintergrund von zum Teil recht hohen STI-Prävalenzen und -Inzidenzen vor allem bei PrEP-Nutzern eine Debatte über die Behandlungsbedürftigkeit der gefundenen Infektionen statt, insbesondere zu Mycoplasma genitalium [7−9]. Die Behandlung symptomatischer Infektionen steht dabei außer Frage, es wird allerdings diskutiert, ob der Nutzen oder der Schaden bei Behandlung aller asymptomatischer Infektionen überwiegen, besonders wenn diese pharyngeal lokalisiert sind. Ein Argument für eine Behandlung aller gefundenen asymptomatischen Infektionen ist die Vermeidung von Folgeschäden für den einzelnen Patienten. Zudem könnten damit vorhandene Erreger reservoire effektiver beseitigt werden, wodurch die kumulative Erregerlast in der Zielgruppe und damit die Infektionswahrscheinlichkeit insgesamt gesenkt würde. Auch die Vermeidung der Entstehung von Antibiotika-Resistenzen durch eine möglichst umfassende Therapie wird als Argument CONFERENCES 59
AIDS und Hepatitis 6-2019
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