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Leseprobe CONNEXI AIDS Hepatitis Ausgabe 6-2019

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medizinisches Magazin über AIDS und Hepatitis für Fachärzte, Retrospektive vom Deutsch-Österreichischen AIDS Kongress DOEAK 2019 und der Münchner AIDS und Hepatitis Werkstatt 2019

SOLIDE TUMOREN BEI

SOLIDE TUMOREN BEI HIV-INFIZIERTEN CONFERENCES Abbildung 1: Endoskopisches Bild eines Plattenepithel-Karzinoms des Ösophagus (pT1) Tabelle 1: Vergleich des Auftretens von Tumoren bei HIV- Infizierten mit der nicht infizierten Bevölkerung. Gezeigt sind erhöhte standardisierte Inzidenz-Ratios (SIR) für ausgewählte Neoplasien (Beispiel: ein Wert von 2 zeigt eine Verdoppelung des Risikos) [6]. Neoplasie SIR 95 %-Konfidenzintervall Alle Malignome 1,69 1,67–1,72 Virusassoziierte Nicht-AIDS-Tumoren 5,4 5,2–5,6 Analkarzinom 19,1 18,1–20,0 Vulvakarzinom 9,4 7,9–11,0 Peniskarzinom 5,3 4,4–6,4 Leberkarzinom 3,2 3,0–3,4 Nasenkarzinom 2,7 1,7–3,9 Mund-/Pharynx-Karzinom 2,2 2,0–2,5 Lungenkarzinom 2,0 1,9–2,1 Gallenblasenkarzinom 1,3 0,9–1,9 Ösophaguskarzinom 1,2 1,1–1,4 Pankreaskarzinom 1,1 1,0-1,3 Toxizitäten, Lebensstil und andere führen unter dem Begriff „Immunoseneszenz“ zum vorzeitigen Auftreten von Alterserkrankungen [3]. Mittlerweile existieren Befunde, die das Auftreten von „frailty“, der sog. Altersgebrechlichkeit, bei HIV-Infizierten im Vergleich zu HIV-Negativen bis zehnmal häufiger und deutlich früher beschreiben [4]. Wenn man davon ausgeht, dass ca. 28 % der älteren HIV-Positiven in diese Kategorie fallen, wird nur angedeutet, welche sozialen und pflegerischen Probleme in der nahen Zukunft zu erwarten sein werden. Hämatologische Erkrankungen bei HIV-Infizierten spielen eine wichtige Rolle im Krankheitsgeschehen und sind teils für die Sterblichkeit durch AIDS-definierende Neoplasien verantwortlich. In den letzten Jahren entwickelten sich jedoch nicht- AIDS-definierende Malignome zur zahlenmäßig dominanten Todesursache [2, 5]. Dies wird unterstützt von Inzidenzvergleichen mit der nicht infizierten Bevölkerung [6]. Die Konfidenzintervalle in Tabelle 1 deuten die Robustheit der Daten an. Trotz eines allgemein rückläufigen Trends liegt das Risiko dieser Tumore mehr als doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung und führt zu einer erhöhten Sterblichkeit [7]. Die schlechtere Prognose von Patienten mit nicht-AIDS-definierenden Malignomen, verglichen mit HIV-Negativen, wurde in einer Reihe von Studien mit mehreren beeinflussbaren Faktoren assoziiert, die auch unsere Aufmerksamkeit erhalten sollten: Dies sind u.a. schlechterer Zugang zur antiretroviralen Therapie, Nichtbeachtung der Guidelines für HIV-Negative, inkonsequente Anwendung der Antitumor-Therapien [7]. Verhaltensbedingte Faktoren dürfen nicht vergessen werden. Ernährungsstile, Genussmittelkonsum und vor allem das Rauchen spielen eine Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass gerade durch Reduktion des bei HIV- Patienten häufigeren Rauchens eine Prognoseverbesserung für Tumore erzielt werden kann [8]. 62

SOLIDE TUMOREN BEI HIV-INFIZIERTEN von der momentan überwiegenden Deskription des ernsten Problems durch HIV-Malignome zu Erkenntnissen über die spezifische Versorgung zu gelangen. Es ist zu fordern, dass die Behandlung die gleichen Standards wie bei HIV-Negativen erfüllt. Es ist zu wünschen, dass die Ergebnisse sich ebenfalls an die in der nicht infizierten Bevölkerung annähern. Hierfür ist eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich. Prof. Dr. med. Mark Oette MOette@severinskloesterchen.de Es wird ein Screening für Tumoren von Leber und Lunge gefordert [7], was für das Analkarzinom bereits umgesetzt ist. Aufgrund der Bedeutung bösartiger Erkrankungen bei HIV-Positiven wird von einer Gruppe von HIV-Behandlern jährlich ein deutsches HIV- Hä mato-Onkologie-Symposium durchgeführt. Die hier be sprochenen Befunde wurden auf der sechsten Veranstaltung auf dem diesjährigen Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress vorgestellt. Weitere Aktivitäten sind die Erstellung von Leitlinien. Zu Lymphomen und dem Analkarzinom sind bereits AWMF-Guidelines erarbeitet worden. In die von Hämato-Onkologen genutzte Plattform onkopedia wurden Leitlinien zum Analund Lungenkarzinom eingebracht. Es existiert eine bundesweite Studiengruppe zu Lymphomen. Eine weitere Gruppe hat sich innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie organisiert und ein Sonderheft zu HIVassoziierten Malignomen herausgegeben [Oncology Research and Treatment 2017;40(3)]. Trotz dieser Erfolge besteht viel Forschungsbedarf, um Literatur: 1. Gueler A, Moser A, Calmy A, et al. Life expectancy in HIVpositive persons in Switzerland: Matched comparison with general population. AIDS 2017;31:427–436. 2. Croxford S, Kitching A, Desai S, et al. Mortality and causes of death in people diagnosed with HIV in the era of highly active antiretroviral therapy compared with the general population: An analysis of a national observational cohort. Lancet Pub Health 2017;2:e35–46. 3. Lagathu C, Cossarizza A, Béréziat V, et al. Basic science and pathogenesis of ageing with HIV: Potential mechanisms and biomarkers. AIDS 2017;31:107–119. 4. Bloch M. Frailty in people living with HIV. AIDS Res Ther 2018;15:19–24. 5. Weber R, Ruppik M, Rickenbach M, et al. Decreasing mortality and changing patterns of causes of death in the Swiss HIV Cohort Study. HIV Medicine 2013;14: 195–207. 6. Hernández-Ramírez RU, Shiels MS, Dubrow M et al. Spectrum of cancer risk among HIV-infected people in the United States during the modern antiretroviral therapy era: a population-based registry linkage study. Lancet HIV 2017;4:e495–504. 7. Franzetti M, Ricci E, Bonfanti P. The pattern of non- AIDSdefining cancers in the HIV-population: Epidemiology, risk factors, and prognosis. A review. Curr HIV Res 2019;17:1–12. 8. Shepherd L, Ryom L, Law M, et al. Cessation of cigarette smoking and the impact on cancer incidence in human immunodeficiency virus-infected persons: The data collection on adverse events of anti-HIV drugs study. Clin Infect Dis 2019;68:650–657. Prof. Dr. med. Mark Oette Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie und Infektiologie, Krankenhaus der Augustinerinnen, Köln, gGmbH Jacobstr. 27–31, 50678 Köln CONFERENCES 63

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