KOMORBIDITÄTEN UND KOMEDIKATION EDUCATION jedoch verschiedene Initiativen ins Leben gerufen, um den Anteil der Late Presenter zu senken. Zu ihnen zählt das Projekt „FindHIV“, das gemeinsam von der Universität Duisburg-Essen, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) und MUC Research ins Leben gerufen wurde und vom Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert wird. Zu den Indikatorerkrankungen, die einen HIV-Test nach sich ziehen sollten, zählen sexuell übertragbare Erkrankungen, maligne Lymphome, zervikale Dysplasien und Hepatitis B oder C [2]. Ihre Prävalenz bei Pa tienten mit einer nicht diagnostizierten HIV- Infektion beträgt mehr als 0,1 %. Daneben gibt es Erkrankungen wie das primäre Lungenkarzinom oder eine schwere oder atypische Psoriasis, die seltener mit einer HIV-Infektion assoziiert sind. Bei ihnen kann aber ebenfalls ein HIV-Test in Betracht gezogen werden. Komorbiditäten treten ca. zehn Jahre früher auf Eine Herausforderung bei diagnostizierten HIV- Patienten sind Komorbiditäten, die schon bei jüngeren Patienten ein breites Spektrum aufweisen und im Durchschnitt zehn Jahre früher auftreten als bei Nicht- HIV-infizierten Menschen [3]. Von 453 Patienten der deutschen BESIDE-Kohorte wiesen 71,3 % mindestens eine Komorbidität auf. 83,7 % nahmen neben der ART noch weitere Medikamente ein (inklusive freiverkäuflicher Präparate) [4]. Schon bei den unter 30-Jährigen betrug der Anteil fast 75 %. Bei mehr als 40 % der Pa tienten waren Medikamenteninteraktionen mit der ART zu erwarten oder es lagen Kontraindikationen vor. „Komorbiditäten und Komedikation sind somit nicht die Ausnahme, sondern auch bei jüngeren Patienten die Regel“, hob Boesecke hervor. In Bezug auf das Interaktionspotenzial sind INI wie Raltegravir (Isentress®) vielen anderen HIV- Medikamenten gegenüber im Vorteil. Hiervon profitieren zum Beispiel HIV-Patienten mit einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), die in jedem Fall eine ART benötigen [5]. Das erhöhte Risiko eines durch INI ausgelösten IRIS (immune reconstitution inflammatory syndrome) bei Patienten mit schwerem Immundefekt wird dabei möglicherweise überschätzt. Denn in der REALITY-Studie mit 1.800 afrikanischen Patienten war die IRIS- Rate unter Raltegravir-basierten Regimen und konventionellen NNRTI-basierten Regimen mit jeweils 10 % vergleichbar [6]. Nach Daten der ONCEMRK-Studie ist Raltegravir einmal täglich 1.200 mg nicht unterlegen zu zweimal täglich 400 mg über 96 Wochen [7]. Nach Zulassung der Substanz im Jahr 2007 liegen bereits umfangreiche Erfahrungen vor. Die STARTMRK-Studie belegt die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Raltegravir in Kombination mit Tenofovir/Emtricitabin über einen Zeitraum von fünf Jahren [8]. Im Rahmen einer retrospektiven deutschen Studie war die Abbruchrate aufgrund von neuropsychiatrischen Nebenwirkungen innerhalb von zwölf Monaten unter Dolutegravir mit 5,6 % höher als unter Elvitegravir mit 0,7 % oder Raltegravir mit 1,9 % [9]. Besonders ausgeprägt war der Unterschied zwischen Dolutegravir und den anderen beiden INI bei Frauen und Patienten über 60 Jahre. Wie Dr. med. Susanne Usadel, Freiburg, dazu anmerkte, sollte bei HIV-infizierten Frauen mit neuropsychiatrischen Symptomen angesichts dieser Daten genauer geprüft werden, ob die Symptome tatsächlich psychisch bedingt sind oder nicht doch eine Nebenwirkung der ART. INI-Primärresistenzen sehr selten Wie der Virologe Dipl.-Biol. Martin Däumer vom Institut für Immunologie und Genetik (IIG) in Kaiserslautern berichtete, war die Viruslast bei 90 % aller Patienten (einschließlich der nicht 36
KOMORBIDITÄTEN UND KOMEDIKATION HIV-Neudiagnosen/100.000 Einwohner 18 16 männlich weiblich 14 12 10 8 6 4 2 0 79 Altersgruppe Abbildung 1: Gemeldete HIV-Neudiagosen [12]. therapierten), deren Proben an seinem Institut im zweiten Quartal 2017 getestet wurden, unter der Nachweisgrenze von 50 Kopien/ml. Resistenzen werden seit Jahren zunehmend seltener detektiert. Für INI ist in der kanadischen Provinz British Columbia von 2009−2015 ein signifikanter, aber sehr langsamer Anstieg der Resistenzrate von 1,07 auf 6,8 pro 1.000 behandelte Patienten dokumentiert (p
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