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Leseprobe CONNEXI Biomarker Ausgabe 2-2018

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DIABETESRISIKO Afamin

DIABETESRISIKO Afamin ist assoziiert mit Diabetes mellitus Typ 2 in der allgemeinen Bevölkerung und prädiktiv für Gestationsdiabetes Hans Dieplinger, Innsbruck Weltweit hat sich die Anzahl an Patienten mit Diabetes mellitus in den letzten 30 Jahren vervierfacht, wobei die stärksten prozentualen Zuwächse nicht in den Industrieländern, sondern in den Entwicklungssowie Schwellenländern zu beobachten waren und sind. Bei Erwachsenen beträgt die Prävalenz etwa 10 %, wobei etwa 90 % davon auf Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) entfallen [1]. Erschreckenderweise sind etwa 30–50 % davon nicht diagnostiziert und daher auch unbehandelt [2]. CONFERENCES Mehr als zwei Millionen Todesfälle pro Jahr lassen sich auf T2DM und daraus resultierende mikround makrovaskuläre Komplikationen zurückführen [1]. Daher ist ein tiefgreifendes Verständnis der Pathogenese von T2DM von großer wissenschaftlicher und klinischer Bedeutung. Da T2DM eine im Wesentlichen mittels Lebensstilveränderung und pharmakologischer Intervention behandel- und heilbare Krankheit darstellt, kommt der möglichst frühen Risikoprädiktion in Form eines verlässlichen Biomarkers größte Bedeutung zu. Kollerits et al. berichten in einer rezent publizierten Metaanalyse über eine hochsignifikante Assoziation der Blutkonzentrationen des Vitamin-E-Bindungsproteins Afamin mit Prävalenz und Inzidenz von T2DM [3]. Diese populationsbasierte Studie wurde an mehr als 20.000 Personen aus sieben Ländern durchgeführt und ergab weitere interessante Zusammenhänge zwischen Afamin und Prädiabetes bzw. Insulinresistenz, in Übereinstimmung mit einer früheren Arbeit unserer Arbeitsgruppe, die eine Assoziation zwischen Afamin und Insulinresistenz bei Patientinnen mit polyzystischem Ovarialsyndrom fand. Diese Assoziation blieb auch dann noch hochsignifikant, wenn auf Alter, Geschlecht, Diabetes in der Familie, sowie wichtige Stoffwechselparameter wie Glukose oder HbA1c adjustiert wurde, was für eine hohe Unabhängigkeit des neuen Markers Afamin spricht [4]. Afamin und Diabetes mellitus Typ 2 Die Kausalität der Assoziation zwischen Afamin und T2DM ist noch ungeklärt, wird aber unterstützt durch Vorarbeiten an transgenen Mäusen, die humanes Afamin überexprimieren und einen dem metabolischen Syndrom des Menschen entsprechenden Phänotyp zeigen. Diese Ergebnisse aus dem Tiermodell konnten in weiterer Folge beeindruckend in einer großen epidemiologischen Studie an drei humanen Populationen mit mehr als 5.000 Probanden bestätigt werden: Afamin war mit allen etablierten Parametern des metabolischen Syndroms assoziiert [5]. Das metabolische Syndrom ist definiert als Kombination von mindestens drei der folgenden fünf Parameter: erhöhte Blutkonzentrationen von Glukose und Triglyzeriden, erniedrigte HDL-Spiegel, Bluthochdruck und Adipositas [6]. Afamin wurde erstmals 1994 als 4. Mitglied der Albumin-Genfamilie beschrieben, die weiters aus Albumin, -Fetoprotein und dem Vitamin-D- Bindungsprotein besteht [7, 8]. Das menschliche Plasma-Glykoprotein Afamin hat ein Molekulargewicht von 87 kD mit einem 15%igen Kohlehydratanteil [9] und 55 % Aminosäure-Sequenzähnlichkeit mit Albumin [7]. Es wird hauptsächlich in der Leber exprimiert und von dort in die Blutzirkulation sezerniert [7], kommt aber auch in Gehirn, Testis, Ovar und vor allem in der Niere vor (www.protein- 52

DIABETESRISIKO atlas.org). In-vitro-Studien zeigten Bindungs- und Transportfunktionen für wasserunlösliches Vitamin E [10] und Afamin spielt möglicherweise eine Rolle für den Transport von Vitamin E über die Blut- Hirn-Schranke [11]. Unser Wissen über die (patho-) physiologischen Funktionen des Afamins ist noch sehr lückenhaft; siehe dazu einen ausführlichen Übersichtsartikel [12]. Afamin-Konzentration in der Schwangerschaft Kürzlich wurden zwei weitere Arbeiten von diagnostischer und potenziell funktioneller Bedeutung publiziert. Tramontana et al. berichteten in einer großen Fall-Kontroll-Studie über signifikant erhöhte Afamin-Konzentrationen im ersten Trimester bei schwangeren Frauen, die im Verlauf der Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes entwickeln. Damit könnte Afamin zu einem klinisch bedeutsamen Frühmarker für diese Erkrankung mit weitreichenden therapeutischen Implikationen werden [13]. Eine weitere Arbeit von potenziell hoher Bedeutung für unser Verständnis von Afamin wurde kürzlich von Naschberger et al. publiziert. Die Autoren berichteten erstmals über die dreidimensionale Struktur von Afamin mittels Röntgenstrukturanalyse [14]. Die Evaluierung der genauen molekularen Struktur von Afamin wird die Suche nach physiologischen Liganden erleichtern und hoffentlich bald Einsichten in (patho)physiologische Mechanismen liefern, die den Zusammenhang zwischen Afamin und den bisher bekannten klinischen Phänotypen erklären können. Referenzen 1. Zheng Y et al. Global aetiology and epidemiology of type 2 diabetes mellitus and its complications. Nat Rev Endocrinol 2018; 14(2): 88–98. 2. Rathmann W et al. High prevalence of undiagnosed diabetes mellitus in Southern Germany: target populations for Univ.-Prof. Dr. Hans Dieplinger hans.dieplinger@i-med.ac.at efficient screening. The KORA survey 2000. Diabetologia 2003; 46(2): 182–9. 3. Kollerits B et al. Plasma concentrations of afamin are associated with prevalent and incident type 2 diabetes: a pooled analysis in more than 20,000 individuals. Diabetes Care 2017; 40(10): 1386–93. 4. Seeber B et al. Afamin serum concentrations are associated with insulin resistance and metabolic syndrome in polycystic ovary syndrome. Reprod Biol Endocrinol 2014; 12: 88. 5. Kronenberg F et al. Plasma concentrations of afamin are associated with the prevalence and development of metabolic syndrome. Circ Cardiovasc Genet 2014; 7(6): 822–9. 6. Grundy SM et al. Diagnosis and management of the metabolic syndrome: an American Heart Association/National Heart, Lung, and Blood Institute Scientific Statement. Circulation 2005; 112(17): 2735–52. 7. Lichenstein HS et al. Afamin is a new member of the albumin, alpha-fetoprotein, and vitamin D-binding protein gene family. J Biol Chem 1994; 269(27): 18149–54. 8. Nishio H, Dugaiczyk A. Complete structure of the human alpha-albumin gene, a new member of the serum albumin multigene family. Proc Natl Acad Sci USA 1996; 93: 7557–61. 9. Jerkovic L et al. Afamin is a novel human vitamin E-binding glycoprotein characterization and in vitro expression. J Proteome Res 2005; 4(3): 889–99. 10. Voegele AF et al. Characterization of the vitamin E-binding properties of human plasma afamin. Biochemistry 2002; 41(49): 14532–8. 11. Kratzer I et al. Afamin is synthesized by cerebrovascular endothelial cells and mediates alpha-tocopherol transport across an in vitro model of the blood-brain barrier. J Neurochem 2009; 108(3): 707–18. 12. Dieplinger H et al. – A pleiotropic glycoprotein involved in various disease states. Clin Chim Acta 2015; 446: 105–10. 13. Tramontana A et al. First trimester serum afamin concentrations are associated with the development of preeclampsia and gestational diabetes mellitus in pregnant women. Clin Chim Acta 2018; 476: 160–6. 14. Naschberger A et al. Structural evidence for a role of the multi-functional human glycoprotein afamin in Wnt transport. Structure 2017; 25(12): 1907–15. CONFERENCES 53

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