RISIKOFAKTOR CONFERENCES Gefäße kommt es zu komplexen Änderungen der Genexpression und Seneszenz, wodurch vermehrt ein prokalzifizierender Umbau der Gefäßwand entsteht [28]. Die transdifferenzierten Gefäßmuskelzellen sind geprägt von einem Expressionsmuster osteo- und chondroblastischer Transkriptionsfaktoren [29]. Deren Expression ist essenziell für das Entstehen von Gefäßverkalkungen, da die Blockade derartiger Transkriptionsfaktoren die Arterien vor Verkalkung schützt [30]. Diese Transdifferenzierung hat vielfältige Konsequenzen für das Entstehen der Gefäßverkalkung: •• Die transdifferenzierten Gefäßmuskelzellen produzieren weniger Kalzifizierungsinhibitoren [29]. •• Es werden vermehrt osteogene Zytokine wie BMP2, TNF und TGF sowie Enzyme wie die alkalische Phosphatase exprimiert [29]. •• Die transdifferenzierten Gefäßmuskelzellen produzieren eine osteogene Extrazellularmatrix reich an Kollagen I und setzen Proteasen frei, die Elastin spalten [31]. •• Es werden aktiv Matrix-Vesikel produziert, die den knochenbildenden Vesikeln von Osteoblasten ähnlich sind [26]. •• Eine vermehrte Apoptose führt zur Freisetzung von apoptotischen Vesikeln [32]. Diese Vorgänge führen zu einer aktiven Mineralisierung in den Gefäßen. Eine reduzierte Produktion von Kalzifizierungsinhibitoren begünstigt die Komplexierung von Kalzium und Phosphat. Die alkalische Phosphatase spaltet den essenziellen Kalzifizierungsinhibitor Pyrophosphat und zählt dadurch zu den stärksten Promotoren der Gefäßverkalkung [33]. Kalzium-Phosphat-Kristalle können sich in diesem prokalzifizierenden Milieu an Elastin-Fragmenten [34], Matrix-Vesikeln [35] und apoptotischen Vesikeln [36] anlagern. Ausgehend von diesen Zentren, dem Nidus der Verkalkung, kann es zu einem unkontrollierten Wachstum von Hydroxylapatit kommen [24]. Die Gefäßverkalkung stellt damit einen aktiven und regulierten Prozess dar. Bislang sind aber nur Bruchteile der komplexen Signalkaskaden identifiziert, welche die pathologischen Veränderungen in Gefäßmuskelzellen wahrnehmen und die osteo-chondrogene Transdifferenzierung aktivieren. Klinische Implikationen Noch gibt es keine standardisierten diagnostischen Untersuchungen, um das Ausmaß der peripheren Gefäßverkalkung zu quantifizieren. Der Knöchel-Arm-Index kann als Screening-Methode Hinweise auf Gefäßverkalkung geben [39]. Verkalkungen können mittels Computertomographie und Röntgen-Aufnahmen nachgewiesen werden, eine etablierte standardisierte Klassifikation des Verkalkungsausmaßes ist jedoch noch nicht verfügbar [37]. Sensitivere bildgebende Verfahren wie (18)F-Natrium-Fluor-PET-CT haben bislang keinen Eingang in die klinische Routine gefunden [38]. Es wurden bislang zahlreiche Versuche unternommen, Biomarker für Gefäßverkalkung zu identifizieren. Der dabei vermutlich bedeutendste Test ist die serum calcification propensity, bei dem als funktioneller Test von der Summe der pro- und antikalzifizierenden Faktoren im Patientenserum bestimmt wird [40]. Ebenso wie das Vorliegen von Gefäßverkalkung in radiologischen Aufnahmen, ist eine erhöhte serum calcification propensity mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert [7, 40, 41]. Bislang fanden diese Labortests noch keinen Eingang in die klinische Praxis. Eine verfügbare klinische Behandlung, die erwiesenermaßen einen Einfluss auf Gefäßverkalkung nehmen kann, gibt es derzeit nicht [42]. Es besteht die allgemeine Übereinkunft, bei Nierenerkrankung erhöhte Phosphatspiegel durch Diät und durch Phosphatbinder zu senken [43]. Nichtkalzium- 70
RISIKOFAKTOR basierte Phosphatbinder sind mit einem niedrigeren Mortalitätsrisiko assoziiert als kalziumbasierte [44]. Darüber hinaus existieren zahlreiche experimentelle Ansätze, die aktuell erforscht werden. Beispielsweise fördert Aldosteron die Gefäßverkalkung [11, 45], und Behandlung mit dem Mineralokortikoid-Rezeptorblocker Spironolacton kann die kardiovaskuläre Mortalität bei Dialysepatienten reduzieren [46]. Ebenso könnte eine Supplementierung von Vitamin-K, Magnesium oder die Hemmung der alkalischen Phosphatase von Vorteil sein [47–49]. Es bleibt abzuwarten, welche Strategien sich in größeren klinischen Studien als vorteilhaft erweisen. Perspektive Gefäßverkalkung wird mittlerweile als bedeutendes medizinisches Problem interpretiert, das momentan nicht zufriedenstellend behandelt werden kann. Aktuelle intensive Forschungsbemühungen auf diesem Gebiet könnten die medizinische Praxis in den kommenden Jahren aber bedeutend verändern. Referenzen 1. Lanzer P et al. Eur Heart J 2014. 35: 1515–25. 2. Gourgas O et al. Arterioscler Thromb Vasc Biol 2018; 38: 363–72. 3. Elliott RJ, McGrath LT. Calcif Tissue Int 1994; 54: 268–73. 4. Niskanen LK et al. Atherosclerosis 1990; 84: 61–71. 5. Haydar AA et al. Kidney Int 2004; 65: 1790–4. 6. London GM et al. Nephrol Dial Transplant 2003 18: 1731– 40. 7. Rennenberg RJ et al. Vasc Health Risk Manag 2009; 5: 185–97. 8. Rifkin DE et al. J Am Coll Cardiol 2012; 60: 1079–85. 9. Chen NX et al. Curr Hypertens Rep 2012; 14: 228–37. 10. Yamada S, Giachelli CM. Bone 2017; 100: 87–93. 11. Lang F et al. Nephrol Dial Transplant 2013; 28: 1080–4. 12. Dhingra R et al. Arch Intern Med 2007; 167: 879–885. 13. Stabley JN et al. Arterioscler Thromb Vasc Biol 2017; 37: 205–17. 14. Guo J et al. Hypertension 2017; 69: 102–8. 15. Raggi P et al. Kidney Int 2007; 71: 802–7. 16. London GM. Semin Dial 2003; 16: 85–94. 17. Soldatos, G et al. Diabet Med 2011; 28: 54–60. 18. London G et al. Kidney Int Suppl 2011; 1: 10–2. 19. Said MA et al. J Am Heart Assoc 2018; 22; 7(2). 20. O‘Neill WC. Kidney Int 2007; 72: 792–6. 21. Price PA et al. Biochem Biophys Res Commun 1983; 117: 765–71. 22. de Oliveira, RB et al. Calcif Tissue Int 2015; 97: 179–92. 23. Schlieper G et al. Nephrol Dial Transplant 2016; 31: 31–9. 24. Schlieper G et al. J Am Soc Nephrol 2010; 21: 689–96. 25. Lang F et al. Nephron Physiol 2014; 128: 40–5. 26. Neven E et al. Kidney Int 2011; 79: 1166–77. 27. Steitz SA et al. Circ Res 2001; 89: 1147–54. 28. Tesauro, M et al. J Intern Med 281: 471–82, 2017. 29. Paloian NJ et al. Am J Physiol Renal Physiol 2014; 307: F891–900. 30. Lin ME et al. Cardiovasc Res 2016 Sep 26. pii: cvw205. 31. Aikawa E et al. Circulation 2009; 119: 1785–94. 32. Shroff RC et al. J Am Soc Nephrol 2010; 21: 103–12. 33. Savinov AY et al. J Am Heart Assoc 2015; 4(12) pii: e002499. 34. Pai AS et al. J Am Soc Nephrol 2010; 21: 1637–40. 35. Bakhshian Nik et al. Front Cardiovasc Med 2017; 4: 78. 36. Proudfoot D et al. Circ Res 2000; 87: 1055–62. 37. Sag AA et al. Int Urol Nephrol 2016; 48: 827–37. 38. Doris MK et al. Expert Rev Cardiovasc Ther 2016; 14: 691–701. 39. Adragao T et al. Nephrol Dial Transplant 2012; 27: 318–25. 40. Pasch A et al. J Am Soc Nephrol 2012; 23: 1744–52. 41. Lorenz G et al. Sci Rep 2017; 7: 13368. 42. Tolle M et al. Eur J Clin Invest 2015; 45: 976–85. 43. Kidney Disease. Kidney Int 2009; Suppl: S1–130. 44. Jamal SA et al. Lancet 2013; 382: 1268–77. 45. Voelkl J et al. J Clin Invest 2013; 123: 812–22. 46. Matsumoto Y et al. J Am Coll Cardiol 2014; 63: 528–36. 47. Ketteler M, Brandenburg VM. J Am Soc Nephrol 2017; 28: 1667–8. 48. Alesutan I et al. J Hypertens 2017; 35: 523–32. 49. Haarhaus M et al. Nat Rev Nephrol 2017; 13: 429–42. CONFERENCES 71
Biomarker 2-2018
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