THERAPIEKONTROLLE Time in Range (TiR) oder HbA1c? Guido Freckmann, Sara Vetrugno, Delia Waldenmaier, Ulm TiR © Shutterstock/Jarun Ontakrai In der Diabetologie ist der HbA1c-Wert schon seit Jahrzehnten als Parameter zur Therapiekontrolle etabliert. Je höher der relative Anteil an HbA1c am Gesamthämoglobin ist, desto höher war der durchschnittliche Blutglukosewert der letzten zwei bis drei Monate. Der technische Fortschritt im Bereich der Glukosemessgeräte ermöglicht jedoch inzwischen einen detaillierteren Einblick in die Glukoseverläufe von Menschen mit Diabetes mellitus. Sogenannte Continuous-Glucose-Monitoring-(CGM)-Systeme messen kontiniuierlich alle fünf bis 15 Minuten die Glukosekonzentration in der interstitiellen Flüssigkeit im Unterhautfettgewebe. CONFERENCES Die hohe Messfrequenz liefert eine große Datenmenge, die sich Diabetologen und ihre Patienten zur Therapieoptimierung zu Nutze machen können. Aus diesen Daten werden verschiedene Parameter berechnet und grafisch dargestellt, wie zum Beispiel das Ambulante Glukoseprofil (AGP), der Mittelwert, die Standardabweichung, der Variationskoeffizient und die Time in Range (TiR, Zeit im Zielbereich). Durch die wachsende Anzahl an CGM-Nutzern kommen in Fachkreisen unter anderem Bestrebungen auf, den HbA1c durch die Time in Range im klinischen Alltag zu ersetzen. HbA1c Der HbA1c-Wert hat sich als ein wichtiger Parameter für die Verlaufskontrolle bewährt. Viele Studien belegen den Zusammenhang zwischen dem HbA1c- Wert und Folgeerkrankungen bei Diabetes mellitus [1]. Bei Patienten mit Diabetes mellitus wird der HbA1c-Wert in der Regel alle drei Monate bestimmt, meist in einem Zentrallabor. Nach aktuellen Leitlinien sollte bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes ein HbA1c-Wert ≤7,5 % angestrebt werden, sofern keine problematischen Hypoglykämien auftreten [2]. Je nach Patient und Begleitumständen sollten aber individuelle Ziele vereinbart werden. Darüber hinaus müssen bei der Beurteilung des HbA1c-Wertes beeinflussende Faktoren berücksichtigt werden, wie beispielsweise eine veränderte Erythrozytenlebensdauer oder der Einfluss von Medikamenten. Time in Range Die TiR ist ein Durchschnittswert über die Zeit eines Tages, in der die CGM-Messwerte in einem 28
THERAPIEKONTROLLE definierten Zielbereich – in der Regel 70–180 mg/dl – liegen. Die TiR wird in Stunden oder Prozent angegeben. Aussagekräftig ist dieser Durchschnittswert, wenn die Messdaten über eine Dauer von mindestens 14 Tagen einbezogen werden. Die TiR wird normalerweise mittels herstellerspezifischer Softwarelösungen ermittelt, deren unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten berücksichtigt werden müssen. Die Qualität der Daten ist vom verwendeten System sowie von der Nutzung des Patienten abhängig, da die Tragedauer und eine eventuelle Kalibration des CGM-Systems Einfluss darauf nehmen. Dr. med Guido Freckmann guido.freckmann@idt-ulm.de Vergleich TiR und HbA1c Die Erkenntnisse, die ein Patient und sein/e Diabetologe/in aus verschiedenen CGM-Parametern gewinnen, sind weit detaillierter als die Informationen, die sich aus dem HbA1c-Wert ableiten lassen. So wird beispielsweise auch die Variabilität zum Teil mit abgebildet. Bei der Betrachtung der TiR ist es allerdings wichtig, auch die Time above Range (TaR, Zeit über dem Zielbereich) und die Time below Range (TbR, Zeit unter dem Zielbereich) mit einzubeziehen. Diese geben Auskunft darüber, ob ein Patient tendenziell stärker zu Hyper- oder Hypoglykämien neigt. Ein weiterer Vorteil der TiR: Sie ist, sofern ein CGM-System getragen wird, jederzeit aktuell verfügbar, während für den HbA1c-Wert zuerst eine Blutentnahme erforderlich ist und anschließend noch auf die Ergebnisse aus dem Labor gewartet werden muss. Allerdings ist die Evidenz für die Auswirkungen der TiR auf klinische Endpunkte noch beschränkt. Dagegen liegen verschiedene Studien vor, welche die Korrelation zwischen HbA1c-Werten und dem Risiko für Folgeerkrankungen belegen. Vergleichbare Studien existieren für die TiR derzeit noch B.Sc. Sara Vetrugno sara.vetrugno@idt-ulm.de M.Sc. Delia Waldenmaier delia.waldenmaier@idt-ulm.de CONFERENCES 29
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