THROMBO-INFLAMMATION CONFERENCES nen Erwartung führt die Thrombozytenaktivierung nach Rekanalisation nicht einfach zu einer sekundären Thrombosierung der Mikrozirkulation, sondern wahrscheinlich zu einer primären Schädigung des Hirnparenchyms, dessen genauer Mechanismus bis heute ungeklärt ist. Hier kommt überraschenderweise neben Thrombozyten das Immunsystem ins Spiel [4]. Immundefiziente Mäuse sind vor dem I/R-Schaden nach Schlaganfall ebenso geschützt wie Wildtypmäuse nach Thrombozytenblockade. Transferiert man diesen immundefizienten Mäusen T-Zellen, geht der Schutz vor Schlaganfällen wieder verloren. Die schädigenden Effekte der T-Zellen wiederum sind abhängig von der Präsenz von Thrombozyten, erfordern aber keine spezifische immunologische Aktivierung wie bei klassischen Autoimmunerkrankungen. Aufgrund der Ergebnisse im SFB 688 wurde in Würzburg der nunmehr international etablierte Begriff der Thrombo- Inflammation geprägt, der ein Zusammenspiel von Thrombozyten und Immunzellen im zuvor ischämischen Hirnparenchym als Effektormechanismus der Hirnschädigung postuliert [5]. Trotz einem noch unvollständigen Verständnis dieser Zell-Zell- Interaktionen lassen sich jetzt schon vielversprechende Therapieansätze in der Reperfusionsphase nach zerebraler Ischämie ableiten, beispielsweise die Blockade von GPIb/VWF-Interaktionen, die Interferenz mit GPVI und die Hemmung von thromboinflammatorischen Signalkaskaden um den Gerinnungsfaktor XII [6, 7] als Alternative zu konventionellen Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien, die wegen der erhöhten Blutungsgefahr nicht in Betracht kommen. Entsprechende innovative „blutungsarme“ Inhibitoren befinden sich in der klinischen Entwicklung [7]. Unsere Ergebnisse sind einer engen Zusammenarbeit der Neurologischen Universitätsklinik mit dem Lehrstuhl für Vaskuläre Biologie am Rudolf- Virchow-Zentrum, Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, zu verdanken. Es ist damit gelungen, pharmakologische und transgene Modelle grundlegender Thrombozytenfunktionen auf klinisch brennende Fragestellungen in der Schlaganfallmedizin zu übertragen, in der Hoffnung, durch neue, „blutungsfreie“ Antithrombotika die Prognose von Schlaganfallpatienten nach mechanischer Thromb ektomie mittelfristig verbessern zu können. Referenzen 1. Grotta JC, Hacke W. Stroke neurologist‘s perspective on the new endovascular trials. stroke; a journal of cerebral circulation 2015; 46: 1447–52. 2. Stoll G, Kleinschnitz C, Nieswandt B. Molecular mechanisms of thrombus formation in ischemic stroke: novel insights and targets for treatment. Blood 2008; 112: 3555–62. 3. Deppermann C, Kraft P, Volz J et al. Platelet secretion is crucial to prevent bleeding in the ischemic brain but not in the inflamed skin or lung in mice. Blood 2017; 129: 1702–6. 4. Kleinschnitz C, Schwab N, Kraft P et al. Early detrimental T-cell effects in experimental cerebral ischemia are neither related to adaptive immunity nor thrombus formation. Blood 2010; 115: 3835–42 5. Nieswandt B, Kleinschnitz C, Stoll G. Ischaemic stroke: a thrombo-inflammatory disease? J Physiol 2011; 589: 4115–23. 6. Kleinschnitz C, Stoll G, Bendszus M et al. Targeting coagulation factor XII provides protection from pathological thrombosis in cerebral ischemia without interfering with hemostasis. The Journal of experimental medicine 2006; 203: 513–8. 7. Hagedorn I, Schmidbauer S, Pleines I et al. Factor XIIa inhibitor recombinant human albumin Infestin-4 abolishes occlusive arterial thrombus formation without affecting bleeding. Circulation 2010; 121: 1510–7. 22
DIAGNOSTIK UND THERAPIE Personalisierte Medizin in der Kardiologie Brenda Gerull, Würzburg Die Entschlüsselung des humanen Genoms um die Jahrtausendwende weckte große Erwartungen: zum einen, dass elementare medizinische Probleme schnell gelöst werden würden, zum anderen, dass genetische Ursachen und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in kürzester Zeit herausgefunden und in der „personalisierten“ bzw. „individualisierten“ Medizin Anwendung finden werden. Das Konzept der personalisierten Medizin zielt darauf ab, in der Diagnostik und Therapie die genetische Veranlagung (genetic make up) eines jeden Patienten einzubeziehen und hierdurch zu maßgeschneiderten, weitgehend nebenwirkungsfreien Therapien zu gelangen, die spezifisch auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten sind (Abb. 1). Was ist aus den Erwartungen geworden? Wo stehen wir heute, fast 20 Jahre nach Entschlüsselung des humanen Genoms? In wieweit ist genomische Medizin in den klinischen Alltag integriert? Zusammenfassend muss ernüchternd festgestellt werden, dass die damals erwartete CONFERENCES 23
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