PROTEINKINASEN Potenzielle Zielproteine bei chronischer Herzinsuffizienz? Kristina Lorenz, Essen Proteinkinasen übernehmen wichtige physiologische Funktionen im Körper. Sie steuern die Abschaltung von Rezeptoren nach Hormonaktivierung, aktivieren Transkriptionsfaktoren und unterstützen die Kontraktionskraft von Herzmuskelzellen. Deregulierte Abschalt- oder Aktivierungsmechanismen, die in einer chronischen Aktivierung von Proteinkinasen, veränderten zellulären Lokalisation oder molekularen Interaktions- und damit Signalprofilen der Kinasen resultieren, sind häufig bei Tumorerkrankungen, Rasopathien, die mitunter mit Herzfehlern und Kardiomyopathien einhergehen, und auch bei der Entwicklung von Herzinsuffizienz beschrieben [1, 2]. CONFERENCES Rolle von Proteinkinasen im Herzen Bekannte Beispiele für Proteinkinasen, die bei der Entwicklung von Herzinsuffizienz eine zentrale Rolle spielen, sind G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinasen (GRK), Ca 2+ /Calmodulin-abhängige Proteinkinase II (CaMKII) und Mitogen-aktivierte Proteinkinasen (MAPK): GRKs koordinieren die Abschaltung -adrenerger Rezeptoren und schützen Herzmuskelzellen damit vor einer Überstimulation, können darüber aber auch zu einer eingeschränkten Kontraktionskraft führen. CaMKII kontrolliert die Kontraktionskraft der Herzmuskelzellen, kann aber auch Arrhythmien begünstigen. MAPK beeinflussen das Wachstum und Überleben der Herzmuskelzellen, können aber auch pathologische Hypertrophie induzieren. Um toxische Nebenwirkungen im Herzen zu vermeiden, ist es daher zwar wichtig die Kinasefunktion zu normalisieren, sie aber nicht uneingeschränkt zu blockieren. Die Signalwege im Detail zu verstehen, ist daher unbedingt notwendig, um zielgerichtet Kinaseaktivitäten zu korrigieren [1]. Die Rolle von ERK1/2 im Herzen Detaillierte Analysen über molekulare Veränderungen im Signalweg der extrazellulär regulierten Kinasen ERK1/2 haben wir genutzt, um potenzielle neue therapeutische Strategien bei Herzinsuffizienz zu erarbeiten: ERK1/2-Aktivierung ist essenziell für das Überleben von Kardiomyozyten insbesondere unter Stressbedingungen. Bestimmte pathologische Trigger, zu denen auch chronische Druckbelastung infolge von Hypertonie und Aortenklappenstenose gehört, führen zu einer zusätzlichen Modifikation dieser Kinasen, einer Autophosphorylierung (ERK Thr188 -Phosphorylierung). Diese ist für die nukleäre Translokation von ERK1/2 notwendig und verstärkt so das pathologische Remodeling des Herzens: Hypertrophie, Fibrose, Apoptose, einem Anstieg der Herzinsuffizienzmarker BNP und ANF und einem Einbrechen der Herzfunktion bis hin zum Lungenödem. Auf molekularer Ebene ist für die ERK Thr188 -Phosphorylierung die Aktivierung und Dimerisierung von ERK notwendig, was wiederum eine neue Interaktionsfläche für G -Untereinheiten der G-Proteine bietet und schließlich ermöglicht, dass ein ERK-Molekül das andere phosphoryliert [3–5]. Konzept der selektiven Hemmung maladaptiver ERK1/2-Signale Um kardialem Remodeling und Herzinsuffizienz effizient entgegenzuwirken, sollte nun selektiv diese Autophosphorylierung gehemmt werden, ohne die Aktivität der Kinasen und damit die für das Zellüberleben wichtige ERK1/2-Funktion zu beeinträchtigen. Um dies zu erreichen, konnten wir 32
PROTEINKINASEN ein Peptid entwickeln, das die ERK-Dimerisierung blockiert und damit die ERK Thr188 -Phosphorylierung und nukleäre Translokation, ohne jedoch Einfluss auf die ERK1/2-Aktivierung oder Zellviabilität zu nehmen. Entsprechend hemmte in einem Gentherapieansatz in Mäusen das adenoassoziierte Virus AAV9-Peptid die Autophosphorylierung, nicht aber die ERK1/2-Aktivität. Als Herzinsuffizienzmodell kam die operative Induktion einer chronischen Druckbelastung infolge einer transverser Aortenligation (TAC) zur Anwendung. AAV9- peptidbehandelte Mäuse zeigten in diesem Modell zudem eine deutlich verringerte Aktivierung nukleärer ERK-Signale und dadurch bedingter maladaptiver Veränderungen: Es trat kein Lungenödem auf, die Herzfunktion blieb weitestgehend erhalten und die histologischen Untersuchungen zeigten kaum Fibrose und sogar weniger Apoptose. Da Substanzen, die zur Hemmung dieser Kinasen führen, häufig bei Krebserkrankungen eingesetzt werden, wie zum Beispiel Cetuximab beim Kolonkarzinom, haben wir unsere Studie zum Anlass genommen, unsere Strategie in Kolonkrebszelllinien zu testen. Interessanterweise hemmte das Peptid die Kolonzellproliferation sogar noch effektiver als gängige ERK1/2-hemmende Substanzen oder auch Cetuximab. Zusätzlich induzierte das Peptid – im Gegensatz zu dem ERK1/2- Inhibitor PD98059 und Cetuximab – keine Apoptose in Herzmuskelzellen. Der deutliche Einfluss des Peptids auf die Kolonzellproliferation spiegelte sich auch in Genexpressionsanalysen wider, die einen stark hemmenden Effekt auf einen Großteil der am Zellzyklus beteiligten Gene zeigten. Fazit Selektives Eingreifen in die proteinkinasevermittelten Pathomechanismen, bei gleichzeitigem Aufrechterhalten essenzieller physiologischer Kinasefunktionen, hat großes Potenzial effektive Prof. Dr. rer. nat. Kristina Lorenz kristina.lorenz@isas.de und zudem nebenwirkungsarme therapeutische Strategien zu generieren. Dies könnte ein neuer Ansatz für Krebstherapeutika mit geringen kardiotoxischen Nebenwirkungen sein. Die Aufklärung molekularer Ereignisse im Herzen zeigt somit auch für andere Erkrankungen wie Krebs und wahrscheinlich auch Rasophathien effektive und nebenwirkungsarme Langzeittherapiemöglichkeiten auf. Referenzen 1. Lorenz K, Stathopoulou K, Schmid E et al. Heart failurespecific changes in protein kinase signalling. Pflügers Arch 2014; 466: 1151–62. 2. Tidyman WE, Rauen KA. Pathogenetics of the RASopathies. Hum Mol Genet 2016; 25: R123–R132. 3. Lorenz K, Schmitt JP, Schmitteckert EM et al. A new type of ERK1/2 autophosphorylation causes cardiac hypertrophy. Nat Med 2009; 15: 75–83. 4. Ruppert C, Deiss K, Herrmann S et al. Interference with ERK(Thr188) phosphorylation impairs pathological but not physiological cardiac hypertrophy. Proc Natl Acad Sci U S A 2013; 110(18): 7440–5. 5. Vidal M, Wieland T, Lohse MJ, Lorenz K. b-adrenergic receptor stimulation causes cardiac hypertrophy via a Gbg/Erk-dependent pathway. Cardiovasc Res 2012; 96: 255–64. CONFERENCES 33
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