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Leseprobe CONNEXI Kardiologie Ausgabe 4-2018

THROMBO-INFLAMMATION a b

THROMBO-INFLAMMATION a b CONFERENCES Abbildung 1: Nach einem Schlaganfall lassen sich regulatorische T-Zellen (grün) vor allem in den Gehirngefäßen (rot) nachweisen, wo sie mit der Gefäßwand in Wechselwirkung treten und das Gefäß verstopfen (a). Entsprechend ist die Hirndurchblutung (obere Bildreihe) nach einem Schlaganfall bei Mäusen ohne regulatorische T-Zellen (rechts) deutlich besser als bei normalen Mäusen (links), und auch die Infarktwahrscheinlichkeit ist geringer (untere Bildreihe) (b). Zur Messung der Hirndurchblutung und der Infarktwahrscheinlichkeit wurden die Tiere in einem Kernspintomographen (MRT) untersucht. 40 dämmen. Durch ihre regulierenden Eigenschaften kommt ihnen bei vielen Erkrankungen eine schützende Funktion zu, beispielsweise bei der multiplen Sklerose oder bei Rheuma. Anders ist dies beim Schlaganfall. Überraschenderweise tragen gerade die regulatorischen T-Zellen in der Akutphase, d.h. innerhalb der ersten 24 Stunden, entscheidend zur Ausbreitung des Schlaganfalls bei [3]. DEREG- Mäuse, bei denen spezifisch die regulatorischen T-Zellen depletiert werden können, entwickeln im Schlaganfallmodell um rund 75 % kleinere Infarkte als normale Mäuse. Außerdem entwickeln die Tiere deutlich weniger neurologische Ausfälle. Doch auf welche Weise entfachen diese Zellen ihre schädliche Wirkung? In der Frühphase nach einem Schlaganfall sind die regulatorischen T-Zellen hauptsächlich innerhalb der Gefäße zu finden (Abb. 1a). Dort interagieren sie mit Blutplättchen und dem Gefäßendothel (über eine Verbindung zwischen den Zelladhäsionsmolekülen ICAM-1 auf Endothelzellen und LFA-1 auf T-Zellen). Dies führt zu einer verstärkten Thrombusbildung und dadurch zu einer eingeschränkten zerebralen Perfusion (Abb. 1b). Durch die Blockade von 4-Integrin durch monoklonale Anti-CD49-Antikörper konnten wir zeigen, dass die Interaktion zwischen 4-Integrin und dem Integrinrezeptor VCAM-1 bei der Pathophysiologie des ischämischen Schlaganfalls keine große Rolle spielt [4]. Von großer translationaler Relevanz ist der Einsatz von FTY720, einem Sphingosin-1-Phosphat- Rezeptor-Modulator. Diese Substanz ist in der klinischen Routine unter Fingolimod bekannt und für die schubförmige multiple Sklerose zugelassen. FTY720 bewirkt, dass zirkulierende Lymphozyten in den Lymphknoten zurückgehalten werden, so dass eine klinisch relevante periphere Lymphopenie entsteht. Mäuse, die mit FTY720 behandelt wurden, entwickeln kleinere Infarkte und weniger neurologische Defizite nach einem Schlaganfall als placebobehandelte Mäuse. Die Ursache dafür ist eine reduzierte Thrombusbildung in der Mikrovaskulatur und damit verbunden eine verbesserte zerebrale Mikrozirkulation [5]. Eine neue Behandlungsoption? Beim experimentellen Schlaganfall an Nagetieren konnte in den letzten Jahren gezeigt werden, dass das Konzept der Thrombo-Inflammation eine

THROMBO-INFLAMMATION pathophysiologische Rolle bei der Schlaganfallentwicklung spielt. Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Studien, die nahelegen, dass dieses Konzept auch beim humanen Schlaganfall von Bedeutung ist. In einer doppelblinden, multizentrischen, placebokontrollierten Phase-2-Studie wurden 161 Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall innerhalb von neun Stunden nach Symptombeginn entweder mit Natalizumab oder Placebo behandelt [6]. Natalizumab ist das humane Pendant der Anti-CD49-Antikörper, das bei der multiplen Sklerose eingesetzt wird, um die Leukozyten-Transmigration in das Gehirn zu hemmen. Diese klinische Studie zeigte, ebenso wie in unserer präklinischen experimentellen Studie [4], keine Veränderung des Schlaganfallvolumens zwischen Natalizumab und placebobehandelten Patienten. Allerdings zeigten die Patienten unter Natalizumab-Therapie nach 30 und 90 Tagen einen Benefit auf funktioneller Ebene, was nun in weiteren Studien genauer untersucht werden soll. In einer kleineren offenen (open-label) Parallelgruppen-Pilotstudie (n=22) wurde die Wirkung von Fingolimod bei Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall untersucht [7]. Die Größenzunahme des Infarktvolumens zwischen Tag 1 und Tag 7 war in der Fingolimod-Gruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe. Auch profitierten die Patienten aus der Fingolimod-Gruppe von einer funktionellen Verbesserung. In einer weiteren Pilotstudie aus dieser Arbeitsgruppe (n=43) konnten die positiven Effekte auch unter einer Kombinationstherapie aus Fingolimod und rtPA reproduziert werden [8]. Aufgrund der geringen Fallzahl müssen die Ergebnisse in weiteren Studien untersucht werden. Sie geben allerdings bereits einen ersten Hinweis, dass die Therapie der Thrombo-Inflammation auch beim humanen Schlaganfall eine neue Behandlungsoption darstellen könnte. Prof. Dr. med. Christoph Kleinschnitz, MHBA christoph.kleinschnitz@uk-essen.de Referenzen 1. Kleinschnitz C, Schwab N, Kraft P et al. Early detrimental T-cell effects in experimental cerebral ischemia are neither related to adaptive immunity nor thrombus formation. Blood 2010; 115: 3835-42. 2. Schuhmann MK, Langhauser F, Kraft P, Kleinschnitz C. B cells do not have a major pathophysiologic role in acute ischemic stroke in mice. J Neuroinflammation 2017; 14: 112. 3. Kleinschnitz C, Kraft P, Dreykluft A et al. Regulatory T cells are strong promoters of acute ischemic stroke in mice by inducing dysfunction of the cerebral microvasculature. Blood 2013; 121: 679-91. 4. Langhauser F, Kraft P, Göb E et al. Blocking of 4 integrin does not protect from acute ischemic stroke in mice. Stroke 2014; 45:1799-806. 5. Kraft P, Göb E, Schuhmann MK et al. FTY720 Ameliorates Acute Ischemic Stroke in Mice by Reducing Thrombo- Inflammation but Not by Direct Neuroprotection. Stroke 2013; 44: 3202-10. 6. Elkins J, Veltkamp R, Montaner et al. Safety and efficacy of natalizumab in patients with acute ischaemic stroke (ACTION): a randomised, placebo-controlled, doubleblind phase 2 trial. Lancet Neurol. 2017; 16:217-26. 7. Fu Y, Zhang N, Ren L et al. Impact of an immune modulator fingolimod on acute ischemic stroke. Proc Natl Acad Sci U S A 2014; 111: 18315-20. 8. Zhu Z, Fu Y, Tian D et al. Combination of the immune modulator fingolimod with alteplase in acute ischemic stroke: a pilot trial. Circulation 2015; 132: 1104-12. CONFERENCES 41

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