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Leseprobe CONNEXI Kardiologie Ausgabe 5-2019

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GRENZFÄLLE DER

GRENZFÄLLE DER SPORTTAUGLICHKEIT Riesenslalom-Olympiasieger von Vancouver 2010, eine AV-Knotenreentry-Tachykardie (AVNRT) diagnostiziert und erfolgreich abladiert. Auch unser deutscher Fußballprofi Sami Khedira musste sich erst kürzlich wegen paroxysmaler Tachykardien einer Ablation unterziehen. Cristiano Ronaldo war, wie in der Laienpresse berichtet wird, ebenso nicht gefeit vor Herzrhythmusstörungen. Er wurde bereits im Alter von 15 Jahren elektrophysiologisch untersucht und ablativ behandelt. CONFERENCES Sport-Check-Up zur Objektivierung der Belastbarkeit Sport kann tastsächlich unter gewissen Umständen Trigger für Herzrhythmusstörungen sein. Es ist deshalb wichtig, dass bei Auftreten von Palpitationen oder Herzrasen eine strukturelle Herzerkrankung beim Sportler als Ursache ausgeschlossen werden muss. Gerade Synkopen beim Sport oder kurz danach sind ebenfalls verdächtig und sollten breitest sportkardiologisch abgeklärt werden. Generell gilt, dass jeder Sportneueinsteiger oder -wiedereinsteiger sich einer Sporttauglichkeitsuntersuchung unterziehen lassen sollte. Eine solche Untersuchung ist jedoch kein Gefälligkeitsattest. Der Betreffende muss sich einigen Untersuchungen unterziehen. Methoden zur Feststellung der individuellen Leistungsfähigkeit Nach Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) gehören zu diesem Sport- Check-Up neben einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung auch obligat ein 12-Kanal-Ruhe-EKG [1]. Des Weiteren ist eine Ergometrie ein wichtiger Test, um die Belastbarkeit zu objektivieren. Es muss allerdings kritisch angemerkt werden, dass sich das Belastungs-EKG nicht als Screening-Methode zur Diagnose einer Prof. Dr. med. Christian Stumpf Christian.Stumpf@klinikum-bayreuth.de koronaren Herzerkrankung (KHK) bei Personen mit niedriger Vortestwahrscheinlichkeit eignet. Die Sensitivität eines Belastungs-EKG für die Diagnostik einer KHK liegt bei 50 % [2]. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass man bei einem jungen Sportler keine Ergometrie durchführen sollte. Das Belastungs-EKG erlaubt schließlich Aussagen zur Objektivierung der Leistungsfähigkeit sowie zum Blutdruck- und Herzfrequenzverhalten sowie auch zu Herzrhythmusstörungen unter Belastung. Andererseits kann man sich aber auch nicht auf ein unauffälliges Belastungs-EKG verlassen, wenn anamnestisch Beschwerden angegeben werden, die auf eine KHK schließen lassen. In einem solchen Fall sollte eine weiterführende Diagnostik mittels eines bildgebenden Ischämienachweises (Stressechokardiographie, Myokardszintigraphie oder Stress-MRT) angestrebt werden. In einigen Fällen ist es sinnvoll, die Ergometrie zu ergänzen und eine detaillierte Leistungsdiagnostik durchzuführen (Laktatleistungstest, Spiroergometrie). Damit ist es möglich, die aerobe und anaerobe Schwelle zu ermitteln und so eine genaue Aussage 50

GRENZFÄLLE DER SPORTTAUGLICHKEIT zur individuellen Leistungsfähigkeit zu machen. Für eine daraus resultierende Trainingsplangestaltung kann eine Leistungsdiagnostik auch im Freizeitsport durchaus sinnvoll erscheinen. Die transthorakale Echokardiographie gehört nicht zu den Standards einer Sporttauglichkeitsuntersuchung. Sie wird in den Leitlinien als fakultativ angesehen. Im Profisport ist sie allerdings in einigen Disziplinen Pflicht. Aber auch im ambitionierten Freizeitsport sollte einmal eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt werden und ggfs. noch einmal im Verlauf, sollten sich Beschwerden oder Veränderungen zeigen. Im Falle des Sportlers, der sich mit Herzrhythmusstörungen präsentiert, ist die Echokardiographie allerdings obligatorisch. Sie stellt ein sehr wichtiges diagnostisches Tool dar, durch das es einfach und unkompliziert möglich ist, strukturelle Herzerkrankungen oder Klappenvitien nachzuweisen bzw. auszuschließen. Bei nicht klaren Befunden sollte der sportkardiologisch versierte Kardiologe die Indikation zu einer weiterführenden Diagnostik stellen (z. B. Kardio-MRT). Potenziell tödliche Arrhythmien ausschließen Gerade bei Herzrhythmusstörungen ist es wichtig, Erkrankungen, die mit potenziell tödlichen ventrikulären Arrhythmien einhergehen können, auszuschließen. Hierzu zählen u.a. die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), die arrhythmogen rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) ebenso wie Kanalopathien (Brugada-Syndrom, long-QT-, short-QT-Syndrom). Aber auch eine Myokarditis muss als Ursache von Herzrhythmusstörungen in Betracht gezogen und ausgeschlossen werden, ebenso wie Elektrolytentgleisungen oder Funktionsstörungen der Schilddrüse. Wie bei einem „normalen“ Patienten auch, sollte beim Sportler mit Herzrhythmusstörung versucht werden, die Rhythmusstörung zu dokumentieren. Hierzu können ein Langzeit-EKG (bis zu fünf Tage) oder aber bei seltenem Auftreten auch aufklebbare Eventrecorder zum Einsatz kommen. Sorgfältige Anamnese Auch anamnestisch gibt es wichtige Hinweise auf die Art der Rhythmusstörungen. Berichtet der Sportler über anfallsweise Störungen, die plötzlich beginnen als ob „ein Schalter umgelegt wurde“ und die unter Valsalva-Manöver rückläufig sind, handelt es sich oftmals um supraventikuläre, gutartige Reentry-Tachykardien wie die AVNRT. Der nächste diagnostische Schritt wäre dann eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) in einem erfahrenen Zentrum. Im Rahmen der EPU hat man nicht nur die Möglichkeit die Rhythmusstörung gezielt auszulösen und zu diagnostizieren, sondern diese auch mittels Ablation dauerhaft zu behandeln. Therapie Gemäß den aktuellen Leitlinien ist bei Sportlern mit regelmäßig auftretenden paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien (ektope atriale Tachykardien, AVNRT, Vorhofflattern) die Ablation Mittel der ersten therapeutischen Wahl [3, 4]. Nur so kann die Rhythmusstörung dauerhaft beseitigt werden, ohne dass der Sportler bradykardisierende Medikamente einnehmen muss. Eine Ausnahme bei den supraventrikulären Tachykardien stellt allerdings das Wolff-Parkinson- White-Syndrom (WPW) dar. Denn unter gewissen Umständen (bei einer kurzen Refraktärzeit der akzessorischen Leitungsbahn) besteht tatsächlich ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Herztod. Warum ist das so? Beim WPW-Syndrom handelt es sich um ein sog. Präexzitationssyndrom, bei dem es einen „Kurzschluss“ zwischen Vorhöfen und Ventrikeln gibt. Diese akzessorische Leitungsbahn kann dabei CONFERENCES 51

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