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Leseprobe CONNEXI Kardiologie Ausgabe 5-2019

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INTERVIEW CONFERENCES

INTERVIEW CONFERENCES Die Hypothese, dass sich über den Weg der Entzündungs hemmung einer Athero sklerose-Entwicklung und kardiovaskulären Ereignissen vorbeugen lässt, muss weiter erforscht werden . geforscht und leider nicht mit Fokus auf kardiovaskuläre Erkrankungen. Welche Rolle kann zukünftig eine Impfung als Therapie für atherosklerotische Erkrankungen spielen? Prof. Baldus: Dahinter steckt die Idee, dass man das Immunsystem nicht nur verteufelt als Me diator/Initiator der Erkrankung, sondern dass man die Autoantigenität vermittelnden Zellen in ihrer Aktivität dämpft. Man könnte fehlgeleitete Reaktionen des erworbenen Immunsystems auf körpereigene Stoffe, beispielsweise Lipoproteine, vielleicht durch eine Impfung in den Griff bekommen. Das ist ein spannendes und faszinierendes Forschungsfeld, was allerdings, das muss man sagen, bisher nur im Tiermodell untersucht ist. Es wird noch lange dauern, ehe daraus therapeutische Konzepte entstehen. Gibt es etwas Neues zur medikamentösen Therapie von Herz-/Kreislauferkrankungen zu berichten? Prof. Baldus: Wie gesagt, antiinflammatorische Strategien fehlen uns, noch. Und ich muss konstatieren, dass auch insgesamt im Bereich der medikamentösen Therapie der Atherosklerose, der Herzinsuffizienz oder auch der Arrhythmien noch zu wenig an translationaler Forschung stattfindet. Das müssen wir vorantreiben. Es kann nicht sein, dass die gesamte pharmazeutische Innovation an unserem Fach vorbei geht. Kein Highlight, nichts geschafft, worauf die Kardiologen in der breiten Versorgung lange gewartet haben? Prof. Baldus: Nun ja! Hier ist der PCSK9-Inhibitor als additives Therapiemodul für die Behandlung der Hypercholesterinämie zu nennen; Sacubitril/ Valsartan als ein Medikament, was die Behandlung der Herzinsuffizienz ein wenig effektiver gemacht hat, aber einen „Durchbruch“ im Sinne eines völlig neuen Therapieregimes haben wir nicht. Das zeigt den immensen Bedarf an kardiologisch orientierter Forschung, um die hohe Sterblichkeit zu senken. Über viele Jahre war in der Kardiologie, mit genau diesem Ziel die Sterblichkeit zu senken, die Prävention d a s Thema. Erreicht man die Patienten mit den Appellen noch oder sind sie schon „immun“ gegen die Aufforderung ihren Lebensstil zu verändern? Prof. Baldus: Die Prävention ist selbstverständlich auch weiterhin zentrale Aufgabe. Körperliche Aktivität, Gewichtskontrolle, Rauchabstinenzprogramme, Programme zur Konstanz der Einnahme von Medikamenten. Die positiven Effekte der Prävention stehen außer Frage. Aber, es ist zu kurz gesprungen, wenn das die einzige Strategie in unserem Fach ist, denn damit adressieren wir nicht sämtliche Probleme. Wichtig wäre die Krankheitsursachen besser zu verstehen und gezieltere Medikamente entwickeln. Einem Patienten, der eine genetische Ursache seiner Herzinsuffizienz hat, dem nützt es, wenn er sich körperlich bewegt. 8

INTERVIEW Aber die Ursache seiner Erkrankung und letztendlich auch die genaue Kenntnis, wie man ihn behandeln muss, um das molekulare Problem zu beseitigen, sind damit nicht geklärt. Der DGK-Präsident Prof. Katus beklagte in seiner Eröffnungsrede eine „gewisse Forschungsmüdigkeit“ in der Kardiologie. Woran liegt das? Prof. Baldus: Es ist eine Tatsache und das ist ex trem bitter. Sicher liegt es auch zum Teil bei uns, das Fach in anderer Weise in der Öffentlichkeit zu präsentieren. An den Fakten kommt ja keiner vorbei, kardiovaskuläre Erkrankungen sind in Deutschland noch immer Todesursache Nummer „Trotz der hohen Morbidität und Mortalität durch kardiovaskuläre Erkrankungen ist die öffentliche Forschungsförderung sehr viel geringer als dies für die Krebsforschung und Neuroforschung der Fall ist.“ Prof. Dr. Hugo Katus, Präsident der DGK eins. Aber die Forschungsförderung ist sehr viel geringer als z. B. für die Krebsforschung und die Neuroforschung. Gesundheitspolitisch, vor allem in den Finanzierungsplanungen sind Herz-/Kreislauferkrankungen völlig unterrepräsentiert. Wenn jedoch die Fakten nicht publik gemacht werden, und wenn wir die kritischen Aspekte einer Herz-Kreislauferkrankung nicht transportieren, ist es an uns, das schnellstmöglich zu ändern. Wir müssen in die Öffentlichkeit gehen, dürfen nicht, wie es oft der Fall ist, als Fachgesellschaft wahrgenommen werden, die angeblich zu viele Katheterlabore in Deutschland zugelassen hat. Vielmehr müssen wir mit den Patientenvertretern und den Verantwortlichen in der Gesundheitspolitik sprechen und klarmachen, dass die kardiovaskulären Erkrankungen zwar die Treiber hoher Sterblichkeit sind, vernünftige, groß angelegte Forschungsprogramme aber nicht aufgelegt werden. Das kann nicht sein. Was machen andere Fachrichtungen anders? Prof. Baldus: Der Erfolg der Onkologen, der Hämatologen, der Krebsforschung beruht darauf, dass sie gut funktionierende Strukturen geschaffen haben und dass sie in einem Fach arbeiten, in dem die Erkrankung vielleicht auch einfacher zu fassen ist, weil sie durch viel umschriebene Mechanismen ausgelöst wird. In der Kardiologie ist es in besonderer Weise anspruchsvoll, diese multifaktoriellen Erkrankungen zu behandeln. Deshalb müssen die Forschungsinitiativen mit Nachdruck und konsequent realisiert werden. Unser Kongress hier bereitete den Boden dafür. Wenn wir mehr den Nachwuchs in diesem Fach für Forschung begeistern wollen, dann hier in Mannheim. Aber die Rahmenbedingungen müssen dafür unbedingt verbessert werden. Herr Professor Baldus, vielen Dank für das Gespräch. CONFERENCES 9

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