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Leseprobe CONNEXI Nephrologie Ausgabe 1-2018

NEUE EMPFEHLUNGEN DER

NEUE EMPFEHLUNGEN DER DHL® CONFERENCES so sollte nach einer Minute Stehen der systolische Blutdruck nicht unter 110 mmHg liegen. Professor Krämer plädiert daher für eine individualisierte Therapie. „Nutzen und Risiko einer intensiveren Blutdrucksenkung sollten bei jedem einzelnen Patienten gegeneinander abgewogen werden.“ Auch räumt er ein, dass die Zielblutdruckverschiebung angesichts der hohen Rate an Patienten, die auch die „großzügigeren“ Werte von 140/90 mmHg nicht erreichen, zunächst als eine akademische Diskussion erscheinen mag. „Dennoch wollten wir handeln und ein deutliches Signal mit der Zielwertanpassung geben. In Sprint brachte die systolische Blutdrucksenkung auf etwa 130 mmHg – was in der Studie realiter erreicht worden war – eine Risikoreduzierung von 25 %. Das heißt, jedes vierte Ereignis konnte bei den untersuchten Herz-Kreislauf-Risikopatienten verhindert werden. Wenn diese Patienten eine höhere Absenkung bei vertretbarem Risiko tolerieren, müssen wir sie auch in diesen Zielwertbereich bringen.“ Subanalysen der Sprint-Studie Ende August 2017 erschienen im New England Journal of Medicine zwei Subanalysen der Sprint- Studie [4, 5] einer intensivierten Hypertonietherapie: Die erste Subanalyse untersuchte, ob die Pa tienten niedrigere Wert tolerieren. Wie sich zeigte, erreichten die Patienten unter intensivierter Bluthochdruckbehandlung (unter 120 mmHg) bezüglich Depressionen (PHQ-9), physischer (PCS) und mentaler (MCS) Leistungsfähigkeit (erhoben mit Fragebögen) vergleichbare Werte wie die Patienten unter der Standardbehandlung. Dies galt auch für ältere sowie multimorbide Patienten. Auch Adhärenz und Patientenzufriedenheit unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen und blieben im Verlauf der Studie konstant [4]. Die zweite Subanalyse [5] bewertete die Kosteneffektivität einer intensivierten Bluthochdruckbehandlung (in einer Computersimulation). Im Ergebnis zeigte sich, dass zwar höhere Kosten durch einen höheren Medikamentenverbrauch, durch monatliche Arztbesuche und Blutkontrollen entstanden, die intensivierte Therapie aber dennoch kosteneffektiv war. Den höheren Kosten wurden mehr QALYS (mehr Lebensjahre bei guter Gesundheit) und Ersparnisse durch nicht eingetretene kardiovaskuläre Ereignisse gegenübergestellt. „Natürlich erfordert die Sprint-konforme Behandlung der Hypertonie zunächst einmal die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel“, erklärt Professor Krämer. „Die Mehrkosten werden aber längerfristig durch das Auftreten von weniger kardiovaskulären Ereignissen bzw. den daraus entstehenden teuren Akuttherapien nivelliert. Das Wesentliche ist aber: Wir retten damit Leben!“ Quelle: Pressekonferenz zur 9. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) am 15. September 2017 in Mannheim Referenzen 1. Wright JT, Jr., Williamson JD, Whelton PK et al. A randomized trial of intensive versus standard blood-pressure control. N Engl J Med 2015; 373: 2103–16. 2. Cooper-Dehoff RM, Gong Y, Handberg EM et al. Tight blood pressure control and cardiovascular outcomes among hypertensive patients with diabetes and coronary artery disease. JAMA 2010; 304: 61–8. 3. Cushman WC, Evans GW, Byington RP et al. Effects of intensive blood-pressure control in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med 2010; 362: 1575–85. 4. Berlowitz DR, Foy CG, Kazis LE et al.; SPRINT Research Group. Effect of intensive blood-pressure treatment on patient-reported outcomes. N Engl J Med 2017; 377 (8): 733–44. 5. Bress AP, Bellows BK, King JB et al.; SPRINT Research Group. Cost-effectiveness of intensive versus standard blood-pressure control. N Engl J Med 2017; 377 (8): 745–55. 42

NICHT IMMER THERAPIERESISTENT Was tun bei schwer einstellbarer Hypertonie? Aktuell publizierte Daten zeigen: Bei 65 % der Hochdruckpatienten ist der Blutdruck nicht ausreichend kontrolliert [1]. Nicht immer steckt eine „echte“ Therapieresistenz dahinter, glaubt Professor Martin Hausberg, Karlsruhe. Dennoch: Gelingt keine Absenkung der Blutdruckwerte in den Zielbereich, sollte eine Überweisung zu einem Nephrologen/Hypertensiologen erfolgen. Die Hypertonie gehört zu den wesentlichen kardiovaskulären Risikofaktoren (Arteriosklerose) mit Folgen wie Schlaganfall und Herzinfarkt, aber auch Erblindung und Schädigung der Nieren. Umgekehrt ziehen Nierenerkrankungen in den meisten Fällen einen Bluthochdruck nach sich – Nierenerkrankungen und Bluthochdruck bedingen und verstärken sich also gegenseitig. Die Mechanismen wie die Nierenfunktion und der Blutdruck zusammenhängen sind vielfältig und komplex. Dazu gehören neben der Regulation von Volumen- und Elektrolythaushalt auch die endokrinen Funktionen der Niere, d. h. die Produktion blutdruckrelevanter Hormone (Renin-Angiotensin- Aldosteron-System; RAAS). Auch gibt es ein direktes Zusammenspiel von Niere und sympathischem Nervensystem. Für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) ist eine Blutdrucksenkung bzw. Blutdruckeinstellung entscheidend für die Verlangsamung des Krankheitsprozesses und kann das dialysefreie Leben verlängern. Dann sollte zunächst eruiert werden, warum die Hypertonie schwer einstellbar ist beziehungsweise ob es sich tatsächlich um eine „echte“ Therapieresistenz handelt. „Es kann auch andere Gründe geben“, erklärte Professor Martin Hausberg, Karlsruhe, Past- Präsident der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® und Kongresspräsident der 9. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). Weißkittelhypertonie Zunächst sollte eine Praxishypertonie (Weißkittelhypertonie) ausgeschlossen werden, was leicht durch eine 24-Stunden-Blutdruckmessung sicherzustellen ist. Denn die kann Ursache für ein scheinbares Nichtansprechen der hypertensiven Therapie sein. Eine solche Praxishypertonie ist nicht selten, die Häufigkeit wird in internationalen Studien mit 12–34 % angegeben [2]. Adhärenzprobleme Schwer einstellbarer Bluthochdruck: Nicht immer eine therapieresistente Hypertonie Im Jahr 2017 publizierte Daten einer Substudie der Symphony-Studie zeigen: Bei 65 % der Hochdruckpatienten ist der Blutdruck nicht ausreichend kontrolliert [1]. Wenn sich der Blutdruck trotz einer antihypertensiven Dreifachkombination (in maximaler Dosierung gemäß den Leitlinien einschließlich eines Diuretikums) nicht in den Zielbereich senken lässt, so spricht man von therapieresistenter oder therapierefraktärer Hypertonie. Schwieriger ist es oft herauszufinden, ob eine mangelhafte Patientenadhärenz vorliegt – bezüglich der empfohlenen Allgemeinmaßnahmen (kochsalzarme Kost, Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion, Alkoholverzicht) und besonders der Tabletteneinnahme. Eine aktuelle Studie ergab, dass bis zu 80 % der Patienten ihre Medikamente nicht wie verordnet einnahmen [3]. Sekundäre Hypertonieursachen Wenn von einer guten Compliance ausgegangen werden kann, sollte nach weiteren Ursachen CONFERENCES 43

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