MEMBRANÖSE GLOMERULONEPHRITIS Müssen wir noch biopsieren? Elion Hoxha und Tobias B. Huber, Hamburg Abbildung 1: Die Immunhistochemische Darstellung der Zielmoleküle PLA 2 R1 und THSD7A erlaubt eine sichere Unterscheidung zwischen einer PLA 2 R1-assoziierten MGN (obere Reihe) und einer THSD7A-assoziierten MGN (untere Reihe) (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Prof. T. Wiech, Hamburg). Die Nierenbiopsie ist der Goldstandard für die Diagnostik der meisten Nierenerkrankungen, einschließlich der membranösen Glomerulonephritis (mGN). Eine granuläre Positivität für IgG entlang der glomerulären Basalmembran und elektronendichte Immundepots an der subepithelialen Seite der glomerulären Basalmembran sind die charakteristischen histomorphologischen Befunde bei der mGN. Die Identifikation des Phospholipase-A 2 -Rezeptors 1 (PLA 2 R1) als das Hauptantigen bei der mGN hat die Diagnostik und Therapie dieser Patienten wesentlich verbessert [1]. CONFERENCES Der immunhistochemische Nachweis von PLA 2 R1 in der Nierenbiopsie (Abbildung 1) und die Messung der PLA 2 R1-Antikörper im Blut erlauben die sichere Diagnose einer PLA 2 R1-assoziierten mGN [2]. Da die PLA 2 R1-Antikörper im Blut spontan oder unter immunsuppressiver Therapie verschwinden können [3–5], ist die diagnostische Sensitivität der PLA 2 R1-Färbung in der Nierenbiopsie höher. Gleichzeitig ist der Nachweis von PLA 2 R1-Antikörpern im Blut sehr spezifisch für die Diagnose einer PLA 2 R1- assoziierten mGN. Da diese Antikörper bei 75–80 % der Patienten mit mGN nachweisbar sind, ergibt sich die Frage, ob bei nephrotischen Patienten eine diagnostische Nierenbiopsie notwendig ist, wenn PLA 2 R1-Antikörper im Blut nachweisbar sind. Eine Nierenbiopsie ermöglicht nicht nur die sichere Diagnose einer mGN, sondern erlaubt auch eine Einschätzung des bestehenden Nierenschadens, beispielsweise in Form einer Tubulusatrophie und interstitiellen Fibrose oder Glomerulosklerose. Gleichzeitig ermöglicht die Nierenbiopsie auch die Diagnose anderer Erkrankungen, die gleichzeitig zur mGN bestehen können. Diese Befunde können eine hohe therapeutische Relevanz haben, beispielsweise der Nachweis einer IgA-Nephropathie oder interstitiellen Nephritis könnte eine spezifische Behandlung erforderlich machen, der Nachweis einer fortgeschrittenen diabetischen Nephropathie könnte zumindest partiell das Ausmaß der Proteinurie erklären, insbesondere wenn nach einer immunsuppressiven Therapie die PLA 2 R1-Antikörper fallen, nicht aber die Proteinurie. Die elektronenmikroskopische Untersuchung des Nierenbiopsats kann darüber hinaus Hinweise auf die Krankheitsaktivität geben. Auf der anderen Seite ist die Nierenbiopsie eine invasive Prozedur, die zu verschiedenen Komplikationen, vor allem Blutungen, führen kann [6, 7]. Deshalb müssen die Risiken und Vorteile einer Nierenbiopsie bei jedem Patienten individuell abgewogen werden. Bei diesen Überlegungen sollten verschiedene Aspekte in Betracht gezogen werden: •• Wie ist das Biopsierisiko des Patienten (unkooperativer Patient, funktionelle Einzelniere, multiple 26
MEMBRANÖSE GLOMERULONEPHRITIS beidseitige Zysten, Gerinnungsstörung, Thrombozytenaggregationshemmer, Antikoagulanzien, Thrombopenie etc.)? •• Besteht eine eingeschränkte Nierenfunktion? •• Ergeben sich aus der Anamnese des Patienten Anhaltspunkte für eine andere renale Erkrankung? •• Gibt es weitere auffällige Befunde (z. B. in der Urinuntersuchung/Urinsediment)? •• Ist der Verlauf der Erkrankung typisch für eine PLA 2 R1-assoziierte mGN oder gibt es einen atypischen Verlauf und Hinweise auf eine sekundäre Genese der Erkrankung? •• Sind die serologischen Befunde unklar oder nicht eindeutig? So können beispielsweise bei nephrotischen, PLA 2 R1-antikörperpositiven Patienten, die keine Einschränkung der Nierenfunktion aufweisen und außer der Proteinurie keine Auffälligkeiten in der Urinanalyse und keine Zeichen einer sekundären Form der mGN zeigen, bei hohem Prozedurrisiko (Antikoagulation, funktionelle Einzelniere etc.) die Risiken einer Nierenbiopsie überwiegen. Auf eine Nierenbiopsie könnte auch dann verzichtet werden, wenn es bei einem Patienten mit PLA 2 R1-assoziierter mGN zu einem Relaps der PLA 2 R1-Antikörper und der Proteinurie kommt. Eine Nierenbiopsie zur diagnostisc hen Sicherung eines Relapses der mGN könnte dann notwendig sein, wenn die Pathogenese der Erkrankung unklar ist, zum Beispiel wenn die Patienten einen Relaps der Proteinurie ohne Nachweis von PLA 2 R1-Antikörpern, eine glomeruläre Hämaturie, ein akutes Nierenversagen ohne klinisches Korrelat etc. aufweisen. Bei PLA 2 R1-antikörpernegativen Patienten ist eine Nierenbiopsie zur Diagnosesicherung notwendig. Die immunhistochemische PLA 2 R1-Färbung der Nierenbiopsie weist eine höhere Sensitivität für die Diagnose einer PLA 2 R1-assoziierten mGN als der Nachweis von PLA 2 R1-Antikörpern im Blut auf. Deshalb kann bei einigen PLA 2 R1-antikörpernegativen Patienten durch die Nierenbiopsie die Diagnose einer PLA 2 R1-assoziierten mGN gestellt werden, obwohl die Autoantikörper nicht nachweisbar waren. Referenzen 1. Beck LH Jr, Bonegio RG, Lambeau G et al. M-type phospholipase A2 receptor as target antigen in idiopathic membranous nephropathy. N Engl J Med 2009; 361: 11–21. 2. Hoxha E, Kneißler U, Stege G et al. Enhanced expression of the M-type phospholipase A2 receptor in glomeruli correlates with serum receptor antibodies in primary membranous nephropathy. Kidney Int 2012; 82: 797–804. 3. Beck LH Jr, Fervenza FC, Beck DM et al. Rituximab-induced depletion of anti-PLA2R autoantibodies predicts response in membranous nephropathy. J Am Soc Nephrol 2011; 22: 1543–50. 4. Hofstra JM, Debiec H, Short CD et al. Antiphospholipase A2 receptor antibody titer and subclass in idiopathic membranous nephropathy. J Am Soc Nephrol 2012; 23: 1735–43. 5. Hoxha E, Thiele I, Zahner G et al. Phospholipase A2 receptor autoantibodies and clinical outcome in patients with primary membranous nephropathy. J Am Soc Nephrol 2014; 25: 1357–66. 6. Chunduri S, Whittier WL, Korbet SM. Adequacy and complication rates with 14- vs. 16-gauge automated needles in percutaneous renal biopsy of native kidneys. Semin Dial 2015; 28: E11–E14. 7. Corapi KM, Chen JL, Balk EM et al. Bleeding complications of native kidney biopsy: A systematic review and metaanalysis. Am J Kidney Dis 2012; 60: 62–73. Priv.-Doz. Dr. med. Elion Hoxha III. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Priv.-Doz. Dr. med. Elion Hoxha ehoxha@uke.de CONFERENCES 27
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