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Leseprobe CONNEXI Nephrologie Dialyse Transplantation Ausgabe 2-2019

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NIERENERSATZTHERAPIE

NIERENERSATZTHERAPIE Vorteile der Peritonealdialyse noch zu wenig bekannt Symposiumsbericht Dem vielfältigen Nutzen der Peritonealdialyse (PD) – etwa im Hinblick auf die Lebensqualität niereninsuffizienter Patienten – steht in Deutschland eine bislang nur mäßige Nutzung dieses Verfahrens gegenüber. So findet sie hierzulande gerade einmal bei 7 % aller Dialysepflichtigen Anwendung – anderswo in Europa sind es teilweise mehr als dreimal so viel. Durch bessere ärztliche Aufklärung von Patienten könnten nicht nur mehr von ihnen die Vorteile der PD nutzen, sondern auch Kosten für das Gesundheitssystem gespart werden. EDUCATION Zu den Vorteilen der vom Patienten selbst durchzuführenden Peritonealdialyse (PD) gegenüber einer Hämodialyse (HD) im Zentrum zählt ganz besonders der Gewinn an Unabhängigkeit und Flexibilität: Jüngeren und berufstätigen Menschen wird dadurch ermöglicht, trotz Nierenersatztherapie ohne größere Einschränkungen ihren Beruf auszuüben und weiteren gewohnten Aktivitäten nachzugehen. Andere wichtige Vorteile sind der Verzicht auf einen Gefäßzugang, der längere Erhalt der Nierenrestfunktion, weniger Zentrumsbesuche, mehr Freiheit bei der Nahrungsaufnahme und ganz generell eine größere Mobilität des Patienten. „Beispielsweise wird kaum über die mit der Hämodialyse verbundene Immobilisierung geredet“, gab Dipl.-Med. Heike Martin, Leiterin des Nephrologischen Zentrums Zwickau, anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) 2018 in Berlin zu bedenken. Dreimal pro Woche vier Stunden Sitzen oder Liegen im Hämodialyse-Zentrum plus zwei Stunden Erholungszeit zu Hause bedeute zusammengerechnet, 936 Stunden im Jahr tagsüber immobil zu sein. Dies verstärke den ohnehin bei Nierenkranken erhöhten Muskelabbau. Hier sei die Peritonealdialyse klar im Vorteil. 50

NIERENERSATZTHERAPIE 100 80 Zentrumsdialyse Peritonealdialyse PD wird hierzulande bislang jedoch nur mäßig genutzt. Während der PD-Anteil bei allen Dialysepflichtigen im Vereinigten Königreich bei 13,5 % und in Schweden bei 21,2 % liegt, schwankt er in Deutschland je nach Bundesland zwischen 3 % und 10 % (Mittel 6,7 %) [1,2], berichtete die Zwickauer Nephrologin. So könne theoretisch etwa ein Drittel der Nierenkranken die Peritonealdialyse wählen. Für die bei uns noch relativ geringe Nutzung der PD gibt es mehrere Gründe. So ist ihre praktische Durchführung in der nephrologischen Fachausbildung kein verbindlicher Bestandteil des Curriculums. Ein weiterer wesentlicher Grund, so Martin, sei das große Informationsdefizit bei den Pa tienten: „Die in Frage kommenden Personen werden größtenteils nicht hinreichend über die Chancen und Möglichkeiten der PD aufgeklärt.“ Gemeinsam mit dem Patienten entscheiden Die Bedeutung der Patienteninformation für die Entscheidungsfindung bestätigt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützte und mit insgesamt 780 HD- und PD-Patienten durchgeführte Forschungsprojekt CORETH (Choice of Renal Replacement Therapy) [3]. Demnach sind die Patienten zufriedener, wenn sie die Entscheidung für das Dialyseverfahren zusammen mit dem Arzt getroffen haben (Shared Decision Making), als wenn der Arzt die Wahl hauptsächlich allein getroffen hatte [4]. Neben den Vorteilen für dialysepflichtige Personen könnte ein verstärkter Einsatz dieser Methode auch deutliche Einsparungen im Gesundheitssystem ermöglichen: Laut CORETH-Studie wäre die PD im Vergleich zur HD im Durchschnitt pro Patient und Jahr rund 12.000 Euro günstiger [5]. Die Differenz ist vor allem auf den Wegfall von Transportkosten (insbesondere Taxifahrten) zurückzuführen. Punkte 60 40 20 0 Über umfassende praktische Erfahrungen mit der Aufklärung von Dialysepatienten und der Durchführung von Peritonealdialysen berichtete Priv.- Doz. Dr. Susanne Schwedler vom Dialysezentrum Schweinfurt. Dort haben die PD-Patienten mitt- Behandlungszufriedenheit Wunsch nach Selbstständigkeit Konzentrationsfähigkeit Interessantes lieferte die CORETH-Studie auch zum Einfluss des Dialyseverfahrens auf die kognitiven Fähigkeiten der Patienten, wie Dr. Gabriele Eden vom Klinikum Braunschweig in Berlin berichtete: „Der Vergleich von Testergebnissen bei HD- und PD-Patienten zeigte, dass PD-Patienten bessere kognitive Funktionen aufwiesen [6]. Eine Fragebogen-Auswertung ergab zudem, dass PD- Patienten zufriedener waren und eine höhere Selbstständigkeit aufwiesen.“ Wie das Dialyseverfahren die Prognose nach einer eventuellen Nierentransplantation beeinflusst, untersuchte eine Metaanalyse [7] von 16 Studien mit mehr als 200.000 Patienten aus den USA, Australien und Neuseeland. „Hier“, so Eden, „war die Fünf-Jahres- Mortalität bei PD-Patienten um 11 % geringer.“ Über 20 Jahre in Europa gesammelte Daten des ERA-EDTA Registers belegten, dass sich das Überleben mit PD in den letzten Jahren deutlich verbessert habe, wohingegen bei HD die Fortschritte deutlich geringer ausgefallen seien. „PD First“ – wie es funktioniert Gemeinsame Entscheidung mit dem Arzt Größe des Wohnraums Abbildung 1: Befragungsergebnisse der bundesweiten CORETH-Studie: Vergleich Patienten mit Zentrumsdialyse (Hämodialyse) und Peritonealdialyse [5]. EDUCATION 51

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