NEUE AUFMERKSAMKEIT FÜR DIE NIERE Die Niere als Faktor der Diabetestherapie Gert Gabriëls, Münster © Science Photo Library/Joseph F Gennaro Die Niere ist einer der Hauptorte der Glukoseproduktion und hat zusätzlich eine Bedeutung für Glukosefiltration und -reabsorption. Bei chronischer Niereninsuffizienz (CN) ist der Insulin-Metabolismus verändert, und die Insulindosen sowie auch die Dosen oraler und anderer injizierter glukosesenkender Substanzen müssen meist reduziert werden. Große Bedeutung hat, dass die CN das Risiko von Hypoglykämien erhöht. Wegen der veränderten Blutbildung bei CN muss das Monitoring des Glukosestoffwechsels z. B. durch Bestimmung des HbA1c mit Vorsicht bewertet werden. Große kardiovaskuläre Studien deuten darauf, dass der Einsatz von GLP-1-Rezeptoragonisten, DPP4-Inhibitoren und SGLT2-Inhibitoren über die Bedeutung der Besserung des Glukosestoffwechsels hinaus bei Diabetes mellitus nicht nur renoprotektiv sind, sondern auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen reduzieren. CONFERENCES Die Nieren haben sowohl eine Bedeutung für die Produktion und Ausscheidung von Glukose als auch für den Abbau des Insulins. Die gesunden Nieren stellen im Nüchternzustand durch Neogenese etwa 40 % der Glukose zur Verfügung. 30–80 % des systemischen Insulins werden durch die Nieren abgebaut. Die Nieren sind Hauptorte des Abbaus von außen zugeführten Insulins. Etwa zwei Drittel des Insulins werden im Glomerulum filtriert sowie von Zellen des proximalen Tubulus reabsorbiert und abgebaut. Etwa ein Drittel des Insulins diffundiert in peritubuläre Kapillaren und bindet an Zellen des distalen Tubulus wo es an der Reabsorption von Natrium, Phosphat und Glukose beteiligt ist. Exogen zugeführtes Insulin wird nicht durch die Leber verstoffwechselt, was die Bedeutung der Nieren für den Abbau des Insulins unterstreicht [1]. Einfluss der chronischen Niereninsuffizienz auf den Glukosestoffwechsel Abbildung 1 zeigt, wie die chronische Niereninsuffizienz den Glukosestoffwechsel beeinflusst. Wenn die GFR auf weniger als 20 ml/min sinkt, ist die Insulin-Clearance durch die Nieren deutlich 8
NEUE AUFMERKSAMKEIT FÜR DIE NIERE Urämie Entzündungmediatoren metabolische Azidose Insulinresistenz Fitness chronische Nierenerkrankung sekundärer Hyperparathyreodismus Insulinsekrektion kaum vorhersehbare Insulinwirkung und Glukosekonzentration maximale Glukose- Reabsorbtionskapazität Glukose-Reabsorption Clearance des Insulins Halbwertzeit des Insulins verlängert renale Glukoneogenese Glukoseproduktion Abbildung 1: Einfluss der chronischen Niereninsuffizienz auf den Glukosestoffwechsel (mod. nach [1]). reduziert und der Insulinabbau in anderen Geweben wie Leber und Muskel sinkt. Das Risiko ausgeprägter, symptomatischer Hypoglykämien steigt dramatisch an. Je häufiger Hypoglykämien auftreten, desto wahrscheinlicher ist eine Wahrnehmungsstörung der Hypoglykämien. Hypoglykämien gehören zu den bedeutendsten Hindernissen, die dem Erreichen einer angemessenen Glukosestoffwechselsituation im Wege stehen. Die CN ist ein unabhängiger Risikofaktor für Hypoglykämien und das Risiko der Sterblichkeit ist bei Hypoglykämien erhöht [1]. Bei CN fördern zahlreiche Faktoren die Neigung zu Hypoglykämien: verminderte Sekretion gegenregulatorischer Hormone, verminderte renale Glukoneogenese, verminderte Insulin-Clearance. Die Glukagon-Antwort auf eine Hypoglykämie bleibt eher aus als die durch Katecholamine [2]. Das Risiko einer Hypoglykämie bei der Hämodialyse ist höher als das einer Hyperglykämie. Bei Peritonealdialyse ist je nach Glukosegehalt der Dialyselösung das Risiko einer Hypoglykämie geringer. Information, Schulung und Bildung des Patienten hinsichtlich des Diabetes und der CN sind entscheidende Faktoren für das Gelingen der Therapie. Bei chronischer Niereninsuffizienz ist die Lebensdauer der Erythrozyten um 30–70 % reduziert, und der Einsatz von Erythropoetin-Analoga führt zum Eintritt junger Erythrozyten in die Zirkulation, welche weniger glykosyliert sind, sodass der HbA1c-Wert niedriger ist, als dem tatsächlichen Glukoseniveau entspräche [3]. Bei Neigung zu Hypoglykämien sollten Medikamente mit höherem Risiko der Induktion von Hypoglykämien wie Sulfonylharnstoffe der ersten Generation vermieden werden. Einfluss Glucagon-like peptide (GLP)1-abhängiger Mechanismen Abhängig von der Glukosezufuhr stimuliert das Incretin-Hormon GLP-1 die Insulinsekretion, steigert die -Zellmasse und hemmt die Sekretion des Glukagon. Es ist der physiologische Ausgangspunkt einer Gruppe von Medikamenten zur Behandlung des Diabetes mellitus. Obwohl GLP-1 durch die Nieren ausgeschieden wird, hängt die Halbwertzeit hauptsächlich von dem Abbau durch das ubiquitär vorhandene Enzym Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) ab. Die DPP-4 wird in verschiedenen Geweben, besonders aber in den Nieren exprimiert [4]. DPP-4 ist auf kapillären Endothelzellen und in der apikalen Brush-Border-Membran des proximalen CONFERENCES 9
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