MECHANISCHE HERZKLAPPEN UND INTRAKRANIELLE BLUTUNG betroffen waren. Die Antikoagulation mit Heparin oder VKA innerhalb von 14 Tagen nach Auftreten der Blutung war mit einem signifikant erhöhten Blutungsrisiko assoziiert. Unter Berücksichtigung von erneuten Blutungen und Thromboembolien war eine Antikoagulation innerhalb von sieben Tagen als nachteilig zu betrachten. Empfehlungen zur Akuttherapie Aus Sicht der Autoren sollte die Basis aller Therapieentscheidungen ein patientenzentriertes Vorgehen sein, das neben der Lokalisation, Ausdehnung und Dynamik der intrakraniellen Blutung auch die Bauart und Position der mechanischen Herzklappe(n) berücksichtigt. Zudem erscheint eine interdisziplinäre Abstimmung zwischen den behandelnden Ärzten der Fachbereiche Neurologie, Die Normalisierung der Gerinnungssituation sollte mit einer intensivierten systolischen Blutdrucksenkung einhergehen. CONFERENCES Kardiologie und ggf. Neurochirurgie und Hämostaseologie unabdingbar, zumal die Sichtweisen einzelner Fachdisziplinen durchaus differieren können, wie eine selbst initiierte, nicht repräsentative Umfrage unter Oberärzten aus neurologischen bzw. kardiologischen Kliniken belegt. Anhand von Fallvignetten mit wechselnden Herzklappen, Klappenpositionen und zerebralen CT-Bildern wurde deutlich, wie heterogen Entscheidungen zu Beginn und bei der Durchführung einer Antagonisierung einer therapeutisch wirksamen Antikoagulation, zur Dauer einer Antikoagulationsunterbrechung und zum Einsatz einer intermittierenden Heparinisierung sind. Aus Sicht der Autoren ist eine Indikation zur Antagonisierung einer therapeutisch wirksamen Antikoagulation prinzipiell gegeben. Der Verwendung von Prothrombinkomplex-Präparaten (Dosierungsvorschlag: 25 I.E. pro kg/Körpergewicht (KG) bei INR 2−4; 35 I.E. pro kg/KG bei INR 4−6; 50 I.E. pro kg/KG bei INR>6) sollte nach Meinung der Autoren der Vorzug gegeben werden, zumal der Einsatz von gefrorenem Frischplasma mit hohen Flüssigkeitsmengen assoziiert und daher nur bedingt praktikabel ist [12, 13]. Zudem zeigte eine randomisierte Studie unter Einschluss von 54 Patienten (ohne mechanische Herzklappe) mit intrazerebraler Blutung unter VKA einen Vorteil zugunsten von Prothrombinkomplex-Präparaten (Dosierung 30 I.E. pro kg/KG) im Vergleich zu gefrorenen Frischplasmen (20 ml pro kg/KG) bezüglich einer suffizienten Antagonisierung (INR≤1,2 innerhalb von drei Stunden) als auch bezüglich eines geringeren Risikos für eine Nachblutung [14]. Additiv sollten 10 mg Vi tamin K (aufgrund des Anaphylaxie-Risikos langsam) intravenös appliziert werden. Eine erneute Gabe von Vitamin K sollte nach Meinung anderer Autoren nach zwölf Stunden erwogen werden [4]. Die Verwendung von rekombinantem Faktor VIIa ist effektiv zur Antagonisierung von Vitamin-K-Antagonisten assoziierten Blutungen, weist jedoch ein vergleichsweise hohes Thromboembolie-Risiko auf und kann somit nicht empfohlen werden [15]. Die Maßnahmen zur Normalisierung der Gerinnungssituation sollten gleichzeitig mit einer inten- 36
MECHANISCHE HERZKLAPPEN UND INTRAKRANIELLE BLUTUNG sivierten systolischen Blutdrucksenkung auf einen systolischen Zielwert von 140 mmHg einhergehen [16]. Eine Hypotension sollte strikt vermieden werden, da diese mit vermehrten renalen und kardialen Komplikationen assoziiert ist. Zudem sollte eine Normothermie und Normoglykämie angestrebt werden. Eine weitere wichtige therapeutische Entscheidung bei Patienten mit Hirnblutung und mechanischer Herzklappe betrifft den Wiederbeginn einer oralen Antikoagulation. Unter besonderer Berücksichtigung der RETRACE-Daten [11] erscheint eine Antikoagulationspause von (mindestens) 7−14 Tagen in Abwägung des individuellen Thrombo embolie- und Blutungsrisikos gerechtfertigt zu sein. Eine zu fordernde individuelle Entscheidung zur Länge der Antikoagulationspause sollte die Lokalisation, Ausdehnung und Dynamik der intrakraniellen Blutung sowie die Bauart und Position der mechanischen Herzklappe(n) berücksichtigen. Der Nutzen einer intermittierenden Heparinisierung ist bei subtherapeutischer INR auch für Patienten mit besonders hohem Thromboembolierisiko (wie beispielsweise einer unlängst implantierten mechanischen Klappe in Mitralposition) nicht sicher belegt und kommt daher einer Einzelfallentscheidung gleich. Eine Heparingabe sollte jedoch bei erneutem Beginn einer oralen Antikoagulation mittels eines VKA bis zum Erreichen einer INR≥2 erfolgen. Eine Thromboseprophylaxe mittels Heparin sollte nach Antagonisierung der oralen Antikoagulation bis zu deren Wiederbeginn erfolgen, wenn aufgrund der neurologischen Defizite nach intrakranieller Blutung oder aufgrund der Eigenanamnese ein relevantes Thromboserisiko besteht und bildgebend eine Blutungsstabilität gesichert werden konnte. Literatur: 1. Baumgartner H et al. Eur Heart J 2017;38:2739−2791. 2. Eikelboom JW et al. NEJM 2013;369:1206−1214. 3. Kirchhof P et al. Eur Heart J 2016;37:2893−2962. 4. Panduranga P et al. World J Cardiol 2012;4:54−59. 5. Chandra D et al. Interact Cardiovasc Thorac Surg 2013;16:520−523. 6. AlKherayf F et al. Thromb Res 2016;144:152−157. 7. Halvorsen S et al. Eur Heart J 2017;38:1455−1462. 8. Nishimura RA et al. J Am Coll Cardiol 2017;70:252−289. 9. Hemphill JC, 3rd et al. Stroke 2015;46:2032−2060. 10. Steiner T et al. International journal of stroke: official journal of the International Stroke Society 2014;9:840−855. 11. Kuramatsu JB et al. Eur Heart J 2018;39:1709−1723. 12. Goldstein JN et al. Lancet 2015;385:2077−2087. 13. Kuramatsu JB et al. Jama 2015;313:824−836. 14. Steiner T et al. The Lancet Neurology 2016;15:566−573. 15. Levi M et al. NEJM;2010;363:1791−1800. 16. Boulouis G et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2017; 88:339−345. Univ.-Prof. Dr. med. Karl Georg Häusler Neurologische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Würzburg, Josef-Schneider-Str. 11, 97080 Würzburg CONFERENCES 37
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