MEDIZINISCHES CANNABIS GEGEN CHRONISCHE SCHMERZEN (Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidol (CBD), die über ein endogenes Rezeptorsystem mit diversen Rezeptoren wie CB-1, CB-2 bzw. Sigma-1 in Wechselwirkung stehen und zu schmerzmodulierenden Effekten führen. Die Rezeptoren CB-1 und CB-2 sind im gesamten Körper weit verbreitet, kommen in bestimmten Strukturen jedoch sehr intensiv vor. „In der höchsten Konzentration liegen CB-1-Rezeptoren im zentralen und peripheren Nervensystem vor, sind allerdings auch in zahlreichen Organen präsent. Sie modulieren die Ausschüttung von Neurotransmittern. CB-2-Rezeptoren kommen vor allem im hämatopoetischen System und auf Immunzellen vor und sind u.a. an der Zytokinausschüttung beteiligt. Hier werden wahrscheinlich immunmodulatorische Wirkungen vermittelt, erläuterte Zieglgänsberger. Wirkung bei verschiedenen Indikationen EDUCATION Das psychoaktive THC hat neben dem bekannten euphorisierenden Effekt u.a. eine schmerzlindernde und krampflösende Wirkung. CBD ist nur schwach psychoaktiv, und hat u.a. entzündungshemmende, schmerzlindernde, antiemetische, antipsychotische und angstlösende Wirkungen. So könne medizinisches Cannabis z. B. bei Patienten mit Multipler Sklerose und vor allem verschiedenen neurologischen Schmerzsyndromen wie Kopfschmerzen, Neuralgien und Neuropathien zu einer Linderung der Symptome führen. Auf Basis der Evidenzlage zur Sicherheit und Wirksamkeit von Cannabis hat die European Federation of Neurological Societies in ihre bereits 2010 veröffentlichten Leitlinien Cannabis und Cannabinoide als Behandlungsoption für die Therapie von neuropathischen Schmerzen aufgenommen. Wichtig sei, bei infrage kommenden Patienten in einem interdisziplinär erarbeiteten multimodalen Schmerztherapiekonzept die Cannabis-Behandlung als „Add on“ recht früh zu beginnen, nicht erst, „wenn gar nichts anderes mehr geht“, betonte Zieglgänsberger. CB-1 als notwendiger Rezeptor für das „Löschen“ oder besser Überschreiben von Erinnerungen und von negativen (Schmerz-) Erfahrungen kann damit moduliert werden, um die Erinnerung negativer Schmerzerlebnisse, die im Schmerzgedächtnis vorhanden sind, zu reduzieren. Damit könne ein Ansteigen von Angst und Frustration verhindert werden. Die Chance nutzen Frau Dr. Claudia Hain-Heise, Fachärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie, setzt Cannabinoide bereits seit Mitte der 1990er-Jahre 34
Studien aus den USA und Kanada außerdem zeigen, können insbesondere die Einspareffekte bei Komedikationen wie NSAR, Opioiden, Antidepressiva oder Antiemetika [1] und geringere Nebenwirkungen unter einer Cannabis-Therapie zur Senkung der Therapiekosten führen [2]. Medizinisches Cannabis ist eine effektive Therapie option und kann bei ausgewählten Indika tionen bestehende Therapiekonzepte sinnvoll ergänzen. Überzeugende Fallbeispiele in der Schmerztherapie ein und bestätigte die positive Beantwortung der eingangs gestellten Frage. Die Ergebnisse aus umfangreichen klinischen Erfahrungen und bisher vorliegenden Studien z. B. aus den USA, Kanada und Israel sowie Beobachtungen in der Praxis zeigen, dass die Therapie mit Cannabis-Präparaten ein großes Potenzial hat. Diese Chance sollte auch in Deutschland genutzt werden, betonte Frau Dr. Hain-Heise. Ihre erfreulichste Erfahrung aus der klinischen Praxis ist, dass die Patienten neben einer deutlichen Schmerzreduktion vor allem von einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens berichten. Cannabis wird in der Regel sehr gut vertragen und zeige meist nur anfänglich leichte UAW. Viele können wieder ihren Beruf ausüben oder abends entspannt ins Bett gehen, womit die Hauptziele der Schmerztherapie erreicht wären. Wie die Das individuelle Cannabis-Therapiemanagement erfordert Wissen und einige Erfahrung, denn das Wirkspektrum von medizinischem Cannabis ist groß, es hat nicht bei jedem Patienten die gleichen Effekte, bei manchen auch gar keine (was genetisch bedingt sein könnte). Je nach Bedarf wird eine Sorte mit höherem THC- oder CBD-Gehalt benötigt oder eine Applikation mehrerer Sorten, die richtige Tag-/Nacht-Dosierung muss gefunden, THC- und CBD-Wirkungen müssen ausbalanciert werden. In der Regel probiert man je nach Erkrankung individuell aus und beobachtet die Wirkung, so Frau Dr. Hain-Heise. Die häufige Sorge von Ärzten und Patienten ist die Entwicklung eines Suchtpotenzials. Konsumenten von medizinischem Cannabis unterscheiden sich jedoch von Freizeitkonsumenten in mehreren Punkten, die die Entwicklung einer Abhängigkeit und einer Cannabis Use Disorder beeinflussen. Dazu gehören die Stärke des Produkts und die Absicht, mit der Cannabis verwendet wird: Kranke möchten ihre Symptome lindern, während Freizeitkonsumenten eher nach psychoaktiven Effekten suchen. EDUCATION 35
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