TEST EINER NEUEN VERSORGUNGSFORM Innovationsprojekt PAIN2020 Anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses 2018 wurde ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördertes Projekt vorgestellt, das in den kommenden drei Jahren untersuchen wird, wie Patienten vor einer Chronifizierung ihrer Schmerzen bewahrt werden können. Im Forschungsprojekt PAIN2020 klärt ein Team aus Ärzten, Psychologen und Physiotherapeuten bereits nach sechs Wochen anhaltender Schmerzen gemeinsam ab, welche Therapie der Patient erhalten soll. Zwei neu entwickelte ambulante Behandlungsmodule werden dabei zur üblichen Therapie ergänzt. CONFERENCES Etwa 7,5 % der deutschen Bevölkerung sind nach Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. von chronischen Schmerzen betroffen. „Die körperlichen und psychosozialen Beeinträchtigungen durch chronischen Schmerz sind für die Patienten enorm, die Lebensqualität sinkt, Probleme im Arbeitsleben und im sozialen Umfeld können die Folge sein“, sagte Professor Dr. med. Martin Schmelz, bis Ende 2018 Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V., im Rahmen des Schmerzkongresses 2018 in Mannheim. Je früher eine umfassende Therapie bei gefährdeten Patienten beginne, desto größer sei die Chance, chronische Schmerzen zu vermeiden. PAIN2020: Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk Für Patienten mit einem Risiko für eine Chronifizierung des Schmerzes hat die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. mit der Krankenkasse Barmer und weiteren Partnern das Projekt PAIN2020 initiiert. Das Identifizieren der Patienten mit hohem Chronifizierungsrisiko wird durch eine Reihe von Kriterien erleichtert: Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen oder wiederkehrender Schmerz trotz einer fachspezifischen Behandlung, die Einschränkung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch den Schmerz, eine aktuelle, seit vier Wochen andauernde Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise eine kumulierte Arbeitsunfähigkeit von mindestens sechs Wochen in den zurückliegenden zwölf Monaten. Untersucht wird in dem Projekt, ob sich die Versorgungssituation von Patienten verbessern lässt, wenn sie frühzeitig eine interdisziplinäre Diagnostik und entsprechende Therapieempfehlungen erhalten. Das Modellprojekt wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit sieben Millionen Euro gefördert, läuft über drei Jahre und soll insgesamt 6.000 Patienten aufnehmen. „Wir wollen aufzeigen, ob eine neue Versorgungsform helfen kann, die Qualität und Effizienz der Schmerzbehandlung zu verbessern“, erklärte Schmelz. Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. ergänzte: „Durch die enge Zusammenarbeit mit der Barmer, weiteren möglichen Konsortialpartnern und 25 bis 30 regionalen Schmerzkliniken/Praxen besteht eine große Chance, erfolgreiche Methoden dann nach Evaluation und Projektabschluss in die Regelversorgung zu übernehmen.“ An die Politik appelliert Isenberg, den Innovationsfonds fortzusetzen und zukunftsfest auszugestalten. Das Projekt ist nach aktueller Information der Projektleitung (Febr. 2019) mittlerweile schon sehr gut angelaufen. Es gibt deutschlandweit ca. 50 interessierte Kooperationspartner, die an PAIN2020 teilnehmen wollen. Davon sind rund drei Viertel Kliniken und ein Viertel Praxen. Interdisziplinäre multimodale (Schmerz-) Therapiemodule ergänzen die ambulante Versorgung Im Zentrum steht die umfassende Untersuchung der Betroffenen in Form einer interdisziplinären multimodalen Bewertung durch ein Team aus Ärzten, Psychologen und Physiotherapeuten. Sie sollen 38
TEST EINER NEUEN VERSORGUNGSFORM Identifikation der Versicherten/Patienten Zielpopulation Aufgreifkriterien zutreffend + keine Ausschlusskriterien: • red flags, • manifeste chronische Schmerzerkrankung, • AU länger als sechs Monate, • Lfd. Diagnostik- oder Therapieverfahren bez. der Schmerzen SRV Vorbefunde Sichtung und Wichtung Diagnostik: Arzt Schmerztherapie Information, Empfehlung unter Berücksichtigung von spezifischen Kriterien/Leitlinien IMA Vorbefunde Sichtung und Wichtung Diagnostik mind.: Arzt Psychotherapeut Physiotherapeut Teambesprechung Sichtung und Wichtung der Befunde Information, Empfehlung unter Berücksichtigung von spezifischen Kriterien/Leitlinien Steuerung in Therapieoptionen NEU: Begleitende IMST ambulant NEU: Edukative IMST ambulant Regelversorgung: hochintensive IMST teilstationär oder stationär Regelversorgung: Therapie ambulant Regelversorgung: Therapie stationär ggf. Operation Zuweiser • KK Casemanager • Teledoctor • Krankenhäuser • niedergelassene Ärzte R Regelversorgung Abschlussgespräch und -brief Kommunikation der Empfehlung Regelversorgung: Rehabilitation keine Aufnahme der empfohlenen Therapie Abbildung 1: Neue Versorgungsleistung PAIN2020. gemeinsam auf Basis ihrer jeweiligen Befunde auf die Patienten zugeschnittene Therapien empfehlen. Das Team informiert und berät die Patienten, welche Therapie beim Hausarzt, beim Facharzt, ambulant, stationär oder in einer Tagesklinik empfehlenswert ist. Dabei werden somatische, psychologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Für das Projekt wurden zwei interdisziplinäre multimodale (Schmerz-) Therapiemodule entwickelt, die die üblichen Therapieformen in der ambulanten Versorgung ergänzen sollen: Beim Therapiemodul „Edukation (E-IMST)“ handelt es sich um eine einmalige Schulung: Der Patient erhält in einer drei Stunden dauernden Gruppenschulung Basisinformationen zu Ursachen und Formen sowie zur Bewältigung von Schmerzen und über die Bedeutung von Eigenverantwortung in der Anwendung schmerzreduzierender Strategien. Das Therapiemodul „Begleitende Therapie (B-IMST)“ ist berufsbegleitend mit 32 Stunden, verteilt über zehn Wochen, umfangreicher. In Gruppen von acht Patienten werden die Teilnehmer ebenfalls über die Erkrankung und die Methoden der Schmerzbewältigung informiert sowie dabei unterstützt, selbstverantwortlich mit körperlichen und psychischen Bedürfnissen umzugehen und Strategien im Umgang mit Schmerzen und anderen Belastungen zu entwickeln. „Durch Aufklärung und aktive Unterstützung in Bezug auf schmerzreduzierende Strategien wollen wir den Patienten darin bestärken, als ‚Handelnder‘ mit der Erkrankung umzugehen. Wer versteht, welche individuellen und äußeren Einflussfaktoren den Schmerz prägen, kann das Schmerzgeschehen eigenverantwortlich beeinflussen“, sagte Professor Dr. med. Carla Nau, Direktorin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Das Projekt werde zeigen, ob die interdisziplinär-multimodale Diagnostik chronische Schmerzen vermeiden hilft und daher regulär bereits frühzeitig vor Beginn einer Chronifizierung angeboten werden sollte. Quelle: Presseinformation der DGSS v. 18.10.2018 www.dgss.org CONFERENCES 39
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