INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN Periphere Neurostimulation am Nervus suprascapularis bei chronischen neuropathischen Schulterschmerzen mithilfe eines extrakorporalen Stimulators Markus Geuting, Löwenstein In Deutschland klagen etwa 6–10 % der allgemeinen Bevölkerung über chronische neuropathische Schmerzen [1]. Die Bedeutung der peripheren Nervenstimulation (PNS) als Behandlungsmöglichkeit nach Ausschöpfung der konservativen Therapie nimmt dabei zu. Eine neue Technik ermöglicht nun eine minimalinvasive Lösung für die periphere Nervenstimulation, wobei lediglich die Elektrode implantiert wird und die Stimulation nur noch von extrakorporal durch einen externen Stimulator erfolgt. Eine Patientin mit chronischen, neuropathischen Schulterschmerzen links profitierte von diesem neuartigen Therapiekonzept durch Implantation einer Neurostimulationselektrode an den Nervus suprascapularis. CONFERENCES Die Patientin stellte sich 2016 mit Zustand nach Trauma im Halswirbelsäulenbereich und der linken Schulter vor und klagte im Verlauf über Dauerschmerzen in der linken Schulter, welche bis in den linken Arm ausstrahlten. Die Patientin konnte den Arm und die Schulter nicht belasten und berichtete von zeitweiser Taubheit und Sensibilitätsstörungen. Die Behandlung erfolgte im Mai 2016 leitliniengerecht zunächst mit Gabapentin und zusätzlicher Physiotherapie, im September 2016 zusätzlich mit Tilidin, da eine erträgliche Schmerzreduktion nicht erreicht wurde. Eine im Oktober 2016 durchgeführte epidurale gepulste Radiofrequenztherapie im Zervikalbereich führte zu einer deutlichen Schmerzlinderung. Die Patientin stellte sich im Januar 2017 erneut mit zunehmenden Schmerzen vor, zwischenzeitlich auch mit erheblichen Schlafstörungen. Sie berichtete davon, allenfalls zwei bis drei Stunden pro Nacht schlafen zu können. Im Rahmen des klinischen Behandlungspfades wurde im weiteren Verlauf erfolgreich eine diagnostische, sonografisch gesteuerte periphere Nervenblockade am Nervus suprascapularis links durchgeführt. Da es im Verlauf jedoch zu einer weiteren Zunahme der Schmerzintensität kam, mit Verschlechterung der Beweglichkeit, wurde die Tagesdosis Gabapentin auf 2.400 mg erhöht und zusätzlich mit Tapentadol retard in einer Tagesdosis 200 mg begonnen. Aufgrund von einsetzenden Nebenwirkungen musste die Gabe von Tapentadol retard auf eine Tagesdosis von 100 mg reduziert werden. Da eine dauerhafte Schmerzlinderung nicht erreicht werden konnte und der Verlust der Arbeitsfähigkeit bei der jungen Patientin drohte, kam als weitere Therapieoption die periphere Nervenstimulation in Frage. 8
INNOVATIVE THERAPIE NEUROPATHISCHER SCHMERZEN Realistische Therapieziele der Neuromodulation von peripheren Nerven Ziel der Neuromodulation peripherer Nerven muss es sein, eine Schmerzreduktion von mindestens 50 % zu erreichen und darunter die Tagesdosis schmerztherapeutisch relevanter Medikamente deutlich zu reduzieren und im Verlauf vollständig ausschleichen zu können. Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt ist das Wiedererlangen und Erhalten der Arbeitsfähigkeit der Patienten sowie eine Verbesserung der Beweglichkeit, der Schlafqualität und der gesamten Lebensqualität. Abbildung 1: Externer Puls-Transmitter als Impulsgenerator mit implantierter Elektrode (StimRouter, Firma Bioness) und Fernbedienung zur Einstellung der gewünschten Stimulation durch die Patientin (mit freundlicher Genehmigung der Firma Bioness). Extrakorporale Neuromodulation Bei der Neuromodulation werden nervale Strukturen reversibel beeinflusst, z. B. durch elektrische Stimulation von einzelnen Nerven oder auch komplexen nervalen Systemstrukturen wie dem Rückenmark [2]. Dabei löst die elektrische Nervenstimulation eine Parästhesie aus, welche den Schmerz „maskiert“ und von den Patienten, unter anderem, als „angenehmes Kribbeln“ umschrieben wird. Da durch die Nervenblockade bestätigt wurde, dass der Nervus suprascapularis den Schmerz auslöst, wird hier eine neuartige Technik der PNS gewählt. Dabei kommt ein Verfahren zum Einsatz, welches ohne implantierbaren Impulsgenerator auskommt und die Stimulation über galvanische Induktion an die implantierte Elektrode überträgt (Abb. 1). Die 15 cm lange Stimulationselektrode wurde unter Lokalanästhesie, ultraschallgesteuert und minimalinvasiv durch eine kleine Stichinzision an den Nervus suprascapularis implantiert. Durch das Auslösen von Kribbelparästhesien ist eine intraoperative Testung und Lagekontrolle der Stimulationselektrode während desselben Eingriffs möglich. Abbildung 2: Implantation und intraoperative Testung der Stimulationselektrode am Nervus suprascapularis links im Ultraschall-Bild. Die sonografische Kontrolle (Abb. 2) ermöglichte dabei eine exakte Elektrodenpositionierung. Nach der Implantation hat die Patientin die Möglichkeit, die im klinischen Verlauf individuell eingestellten Stimulationsprogramme selbst zu wählen und die Intensität über eine kleine Fernbedienung ihrem Schmerzzustand anzupassen. Dabei wird der Stimulator nur dann auf der Haut getragen, wenn die Stimulation eingeschaltet ist. Der externe Stimulator ist wiederaufladbar, sodass eine eventuelle Folgeoperation zum Austausch des Akkus entfällt. CONFERENCES 9
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