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Leseprobe CONNEXI Schmerz Palliativmedizin Ausgabe 8-2019

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medizinisches Fachmagazin über Schmerz und Palliativmedizin, für Ärzte, mit retrospektiven Berichten vom Fachkongressen: Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2019

EINE ABWÄGUNG AM

EINE ABWÄGUNG AM BEISPIEL PRT CONFERENCES © Stephan Klessinger Abbildung 3: Darstellung der Kontrastmittelausbreitung in den ventralen Epiduralraum nach kranial entlang der Nervenwurzel. wird eine PRT daher auch transforaminal epidural steroid injection genannt. Beim klassischen Zugang liegt die Nadel kranial vom Nerven direkt unter dem Pedikel (supraneural, subpedikulär). Eine weitere Möglichkeit ist ein infraneuraler Zugang. Mit Kontrastmittel wird unter Durchleuchtung kontrolliert, ob das Ziel erreicht wurde (Abbildung 3). Für die transforaminale, epidurale Injektion wird typischerweise ein Gemisch aus einem Lokalanästhetikum (z. B. Carbostesin) und Kortison verwendet. Es sollte kein kristallines Kortison (z. B. Triamcinolon) verwendet werden, da die Kristalle größer sind als Erythrozyten und somit bei intravaskulärer Injektion (A. Adamkiwicz) die Gefahr einer Embolie des Rückenmarks besteht. Empfohlen wird die Verwendung von Dexamethason. Zu beachten ist zudem, dass die Anwendung von Kortikoiden epidural als Off-Label-Use geschieht. Eine Zulassung gibt es für Triamcinolonacetonid für eine CT-gesteuerte PRT über einen lateralen Zugang. Jedoch darf auch Triamcinolonacetonid nicht epidural verwendet werden. Dies ist ein Widerspruch, da jede PRT epidural ist, da die Nervenwurzel intradural liegt. Zudem handelt es sich bei Triamcinolonacetonid um ein kristallines Kortison, welches auf Grund des erhöhten Risikos für diese Art von Injektion nicht verwendet werden sollte. Auch die Anwendung im CT stellt im Vergleich zur Durchleuchtung ein vermeidbar hohes Risiko dar, da ein intravasaler Kontrastmittelfluss (aus der Ebene hinaus) nicht gesehen werden kann. Zwar ist eine PRT im CT zumindest im deutschsprachigen Raum sehr verbreitet, allerdings gibt es im Gegensatz zu Interventionen unter Durchleuchtung kaum Literatur und somit keine Evidenz. Eine vergleichende Studie [6] konnte zeigen, dass die Nadellage unter Durchleuchtung präziser ist. Zudem ist die Strahlenbelastung unter CT größer [7]. Ist eine Methode bei geringerer Strahlenbelastung mindestens gleichwertig (in diesem Fall ist die Durchleuchtung sogar überlegen), so muss dieser Methode (also der Durchleuchtung) der Vorzug gegenüber der anderen Methode (CT) gegeben werden. Evidenz Wie wichtig die korrekte Technik und die Positionierung der Nadel ist, konnten Studien zeigen, die signifikant bessere Ergebnisse bei einer Nadellage im ventralen Epiduralraum fanden [8, 9]. Ein systematischer Review konnte zeigen, dass eine PRT keine Placebotherapie ist, Operationen eingespart werden können und die Methode kosteneffektiv ist. Circa 70 % der Patienten erfuhren mindestens 50 % Schmerzreduktion [10]. Die Ergebnisse sind besser bei einem Bandscheibenvorfall als bei einer knöchernen Foramenstenose [11]. Durch die gezielte Medikamentenapplikation ist eine PRT auch der kaudalen epiduralen Applikation überlegen [12]. Eine Wiederholung ist bei gutem Ansprechen möglich [13], PRT-Serien ohne Erfolgskontrolle sind nicht sinnvoll. Komplikationen einer PRT sind in einer Studie mit über 26.000 Patienten in 1,9 % der Fälle aufgetreten (1,1 % vasovagale Synkopen) [14]. Schlussfolgerung Die Tabelle 1 beantwortet die Eingangsfrage: Wie invasiv darf/soll eine Schmerztherapie (PRT) sein? 38

EINE ABWÄGUNG AM BEISPIEL PRT Tabelle 1: Was darf/soll nicht sein Injektion ohne definiertes Ziel (paravertebral) Injektion ohne vorherige Anamnese oder Untersuchung PRT bei Rückenschmerzen ohne radikuläre Symptomatik Falsche Technik, falsche Zielpunkte (nicht im ventralen Epiduralraum) Kristallines Cortison (Triamcinolon) PRT unter CT-Kontrolle (weniger Präzision, höheres Risiko, höhere Strahlenbelastung, kaum Evidenz) Was darf/soll sein PRT nach erfolgloser konservativer Therapie und zur Vermeidung einer OP PRT bei klarer Indikation nach eigener Anamnese und Untersuchung sowie MRT- Beurteilung PRT bei passender radikulärer Symptomatik Korrekte Technik, Beachtung der vorhandenen Guidelines. Ziel ist die Nervenwurzel epidural Nicht kristallines Cortison (z. B. Dexamethason) Verwendung von Durchleuchtung und Kontrastmittel Ein Plan B sollte verfügbar sein (z. B. infraneuraler Zugang anstelle von subpedikulär) Referenzen 1. Bogduk N (ed.). Practice Guidelines for Spinal Diagnostic and Treatment Procedures, 2 nd edn. International Spine Intervention Society, San Francisco, 2013. 2. Mulleman D, Mammou S, Griffoul I et al. Pathophysiology of disk-related sciatica. Evidence supporting a chemical component. Joint Bone Spine 2006; 73: 151–8. 3. Riew KD, Yin Y, Gilula L et al. The effect of nerve-root injections on the need for operative treatment of lumbar radicular pain. A prospective, randomized, controlled, double-blind study. J Bone Joint Surg 2000; 82A: 1589–93. 4. Riew KD, Park JB, Cho YS et al. Nerve root blocks in the treatment of lumbar radicular pain. A minimum five-year follow-up. J Bone Joint Surg 2006; 88: 1722–5. 5. Weiner BK, Fraser RD. Foraminal injection for lateral lumbar disc herniation. J Bone Joint Surg 1997; 79: 804–7. 6. Feigl GC, Dreu M, Kastner M et al. Thermocoagulation of the medial branch of the dorsal branch of the lumbal spinal nerve: flouroscopy versus CT. Pain Med 2017; 18: 36–40. 7. Maino P, Presilla S, Colli Franzone PA et al. Radiation dose exposure for lumbar transforaminal epidural steroid injections and facet joint blocks under CT vs. fluoroscopic guidance. Pain Pract 2018; 18: 798–804. 8. Desai MJ, Shah B, Sayal PK. Epidural contrast flow patterns of transforaminal epidural steroid injections stratified by commonly used final needle-tip position. Pain Med 2011; 12: 864–70. 9. Ackermann, Ahmad M. The efficacy of lumbar epidural steroid injections in patients with lumbar disc herniations. Anesth Analg 2007; 104: 1217–22. 10. MacVicar J, King W, Landers MH, Bogduk N. The effectiveness of lumbar transforaminal injection of steroids: a systematic review of outcomes studies and controlled trials. Pain Medicine 2013; 1: 14–28. 11. Maus TP, El-Yahchouchi CA, GeskeJR et al. Imaging determinants of clinical effectiveness of lumbar transforaminal epidural steroid injections. Pain Med 2016; 12: 2176–84. 12. Lee JH, Shin KH, Bahk SJ et al. Comparison of clinical efficacy of transforaminal and caudal epidural steroid injection in lumbar and lumbosacral disc herniation: A systematic review and meta-analysis. Spine J 2018; 18: 2343–53. 13. Murthy N, Geske J, Wald J et al. The effectiveness of repeat lumbar transforaminal epidural steroid injections. Pain Med 2014; 15: 1686–94. 14. Carr CM, Plastaras CT, Pingree MJ et al. Immediate adverse events in interventional pain procedures: a multi-institutional study. Pain Med 2016; 17: 2155–61. Prof. Dr. med. Stephan Klessinger Neurochirurgische Gemeinschaftspraxis Eichendorffweg 5, 88400 Biberach Prof. Dr. med. Stephan Klessinger klessinger@nova-clinic.de CONFERENCES 39

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