SELTENE SYMPTOME Ursache CONFERENCES Die Ursachen sind vielfältig, die einen Singultus auslösen können. Tumoren im oberen Gastrointestinaltrakt, die zu Zwerchfellirritationen führen, können ebenso durch Reizung des Bauchfelles bei Peritonealkarzinose zu einer Reizung und Stimulation des Zwerchfelles bzw. des Zwerchfellnervs (Nervus phrenicus) führen. Neben dem Nervus (N.) phrenicus können Tumoren im Hals- und Mediastinalbereich auch Irritationen des N. vagus auslösen, die für den malignen Singultus verantwortlich sind. Der Zwerchfellnerv steuert die Bewegungen des Zwerchfells während der Atmung. Der Vagusnerv koordiniert unter anderen teilweise die Be wegungen im Bereich des Kehlkopfes und des Rachens [2, 3]. Patienten mit Tumoren in dieser Lokalisation, zum Beispiel Halstumoren, Ösophagus-, Magenoder Pankreaskarzinome, haben im Verlauf ihrer malignen Erkrankung in über 80 % der Fälle eine Tumorkachexie. Ein zusätzlicher persistierender Singultus fördert den massiven Körperabbau und mindert zusätzlich deren Lebensqualität. Häufigste Ursache ist zu 95 % eine verstärkte Magendehnung. Außerdem fördern fettreiche, heiße oder kalte Speisen sowie Alkohol den Singultus bzw. können diesen auslösen. Bei schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen ist der Singultus unter Umständen einziges Symptom bzw. Hinweis einer entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems, wie zum Beispiel bei der Neuromyelitis optica, oder ist erster Hinweis auf ein ischämisches Geschehen im Bereich des Hirnstamms, wie zum Beispiel beim Wallenberg-Syndrom. Unter der erheblichen psychischen Belastung, in der sich die Tumorpatienten befinden, kann auch ohne ein anatomisches Korrelat ein Singultus ausgelöst werden. Klinisches Bild Der Singultus ist für die Patienten ein belastendes Symptom das deutlich die Lebensqualität des einzelnen belasten kann: •• Unfähigkeit zu essen, und/oder zu trinken •• Exsikkose, Gewichtsverlust – Förderung der Tumorkachexie, •• Kommunikation schwierig, •• Förderung von Ängsten und Depressionen, sozialer Rückzug, •• dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität, •• Erschöpfung, •• Schlafstörungen, •• neu ausgelöste Ösophagitis, •• Herzrhythmusstörungen (selten). Therapeutische Ansätze Norbert Schürmann schmerzambulanz@st-josef-moers.de Die Behandlung des Singultus erfolgt nach keinem einheitlichen therapeutischen Muster. Es existiert eine Reihe von Lösungsansätzen, die allesamt ihre Berechtigung finden, aber auch aufzeigen, dass unter den vielen Ursachen des Singultus nicht 62
SELTENE SYMPTOME Tabelle 1: Medikamentöse Therapie Medikament Wirkung/Wirkungsort Dosis Metoclopramid, Domperidon Reduktion der Magendehnung 3–4 x 10 mg/d oral Baclofen Muskelrelaxans, Blockierung des Singultus-Stimulus 3 x 5–20 mg/d oral Gabapentin Pregabalin Antikonvulsivum, Blockierung des Singultus-Stimulus 3 x 300–600 mg oral 2 x 75–150 mg oral Haloperidol Zentrale Unterdrückung des Singultus-Reflexes 3 x 1–4 mg/d oral Dexamethason Abschwellende Wirkung 8–24 mg/d oral Nifedipin Kalziumantagonist, Herabsetzen der Muskelspannung 2–3 x 10 mg/d sublingual Protonen-Pumpen-Hemmer (z. B. Pantoprazol) Lidocain Valproat Herabsetzung der Magensäure Blockiert spannungsabhängige Natriumkanäle in den Zellmembranen der Nervenzelle Blockiert spannungsabhängige Natrium- und Calcium-Kanäle 1–2 x 20–40 mg/d oral 1. subkutane Infusion mit 1–4 mg/kg KG/d 2. Lidocain-Gel 2 % oral Einschleichend bis 20 mg/kg KG/d Amitriptylin unbekannt 3 x 10–25 mg/d oral Chlorpromazin Blockade verschiedener Neurotransmitter-Rezeptoren 3 x 25–50 mg/d oral die eine Therapieoption zur Verfügung steht. Eine kausale therapeutische Lösung ist in den meisten Fällen nicht möglich, so dass wie Tabelle 1 zeigt eine Reihe von medikamentösen und alternativen Vorschlägen zur Verfügung steht. Die symptomatische Behandlung des Singultus zielt auf eine Unterdrückung des Singultus-Reflexbogens durch Reduktion der Magendehnung, einer Abschwellung des Gewebes oder einer Reduktion der Nervenaktivität. Bei einer Refluxkrankheit bietet sich die Therapie mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) an. Die orale Einnahme von Baclo fen mit oder ohne Kombination von Gabapentin scheint die höchste Evidenz zu haben und damit Mittel der ersten Wahl zu sein. Auch die Gabe von Neuroleptika (Haloperidol, Metoclopramid oder Domperidon) als alleinige Applikation oder in Kombination mit Baclofen und/oder Gabapentin führt sehr häufig zum Behandlungserfolg [4–6]. Vielversprechend für die Behandlung des hartnäckigen Singultus scheint nach Neuhaus et al. die Gabe von Lidocain-Gel 2 % oral zu sein, wodurch in vier Fällen lang existierender Singultus abrupt endete [7]. In einer anderen Arbeit beschreibt Kaneishi [8] die hohe subkutane oder intravenöse Gabe von Lidocain bis zu einer Dosis von 480 mg/d bei guter Verträglichkeit. All diese Medikamentenvielfalt, gerade in Kombination, bedingen nicht selten häufige multimedikamentöse Nebenwirkungen, die die Therapieansätze erschweren und zu einem Abbruch der Behandlung führen. Tabelle 2 zeigt alternative Behandlungsvorschläge Sollte nach allen Therapieversuchen keine Veränderung des Symptombildes resultieren, kann als Ultima Ratio eine chirurgische Intervention, zum Beispiel durch eine partielle Resektion des N. phrenicus durchgeführt werden. Dies sollte allerdings die Ausnahme bleiben. Auf keinen Fall gilt es den Patienten zu gefährden, und er muss vor unnützen Maßnahmen geschützt werden (Primum non nocere). CONFERENCES 63
Schmerzmedizin 8-2019
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