connexiplus KI Abbildung 3: Arzt und Held: Die Säkularisierung ist in vollem Gange, Reformation statt Revolution im Fremd- und Selbstbild. 50 in einem Technikeldorado, das sich so trefflich der Lust am Regulieren widersetzt. Gleichzeitig ist allen Akteuren klar, dass der digitale Weg der einzige, auch ethisch vertretbare Weg ist. Alles andere endet in der analogen Sackgasse oder im Chaos. Die Apotheker werden als Nächste beweisen müssen, dass sie diese digitale Kurve bekommen, denn User Experience können die großen Internetunternehmen bedeutend besser. Es ist nicht der richtige Weg, anstatt das bisherige Modell zu überdenken, sich hinter dem Gesetzgeber zu verstecken, der die digitale Konkurrenz fernhalten möge. Vielmehr könnte man jetzt gestalten, um den Übergang zum Digital Dealer hinzubekommen und die Kundenbindung auf eine andere und auch nachhaltigere Ebene zu bringen. Den Anfang macht hier logischerweise die grundlegende Interaktion mit dem Arzt in der Arztpraxis. Dabei muss klar sein, dass die erweiterte Arztpraxis durchaus auch mobil zu verstehen ist – und zwar auf beiden Seiten, die des Arztes und © HealthCare Futurists GmbH die des Patienten. Denn es wird Arztpraxen geben, die nur noch teilweise ärztlich besetzt sind und in der Zwischenzeit ärztliche Ressourcen digital zuschalten. Und es wird Patienten geben, die den Weg in die Arztpraxis nicht mehr gehen möchten oder können. Diese Vorhersage basiert auf einer Ableitung dessen, was in anderen Ländern bereits geschieht – und zwar nur beschleunigt, keinesfalls initiiert durch COVID-19 −, und was das Konsumentenverhalten in anderen Bereichen außerhalb der Medizin bereits zeigt. Denken Sie an Bankgeschäfte und Versicherungen. Die Behandlung wird in den zukünftigen Arztpraxen bereits im Wartezimmer beginnen, sei es analog oder digital. Sensordaten, wie z. B. Vitalparameter, Bewegungs- und Verhaltensmuster werden nach Maßgabe des Patienten, der die Datenhoheit hat, übermittelt. Diese Daten können von den Patienten selbst kommen oder von einem Apothekenserver freigegeben werden. Die neue Rolle des Apothekers beginnt bereits mit den Digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGAs), den Apps auf Rezept. Warum sollte sie sich nicht ausbauen hin zu einem Teilsortiment an Apps, Gadgets und Wearables mit medizinischer Funktionalität und Nutzen, die bereits in der Apotheke erhältlich sind und auch von dort aus betreut werden. Das sorgt für Kundenbindung und definiert eine Rolle neu: Vom approbierten Päckchenschieber zum kompetenten Berater in Sachen Medikamente und digitaler Gesundheit. Die gerade entstehenden Ventures aus Online-Apotheken, Telemedizin-Anbietern, Krankenkassen und Technologie-Providern machen es vor, wohin die Reise geht. Noch ist Zeit zur Gestaltung. Aber auch diese Zukunft hat bereits begonnen. Die Technologie, Medikamente mit dem 3D-Drucker zu erstellen ist bereits serienreif. Das funktioniert jedoch nur mit dem Einsatz von digitaler Infrastruktur. Auf der einen Seite beim Arzt, der nunmehr, wahrschein
BIG DATA, MACHINE LEARNING UND KI lich KI-gestützt, Medikamente patientengenau titrieren können muss, auf der anderen Seite in der Apotheke, die diese Medikamente produziert, drittens beim Kostenträger, der diese Technologie in Erstattung bringt und viertens beim Patienten, der die Medikamenteneinnahme kontrolliert durchführen und monitorieren muss, da sie genau auf ihn in Dosierung und Darreichungsform zugeschnitten sind. Der Hintergrund dieses Tuns ist das Sammeln und Auswerten von Daten mit dem Nutzenversprechen eines früheren Erkennens von Erkrankungsmustern – zu wissen, was der Patient hat oder vorher zu sagen, was er haben könnte − und einer früheren Intervention, aber auch eines Geflechts an Serviceleistungen – zu wissen, was der Kunde will oder vorher sagen zu können, was er wollen könnte −, die damit einhergehend angeboten werden können. Damit schließt sich der Kreis zur oben bereits erwähnten User Experience und der Vor-Ort-Apotheker kann als Digital Dealer die ihm zugedachte strukturelle Aufgabe in der Daseinsvorsorge weiter übernehmen, gleichzeitig aber auch den Anschluss an die digitale Welt und in eine neue Rolle in der Kooperation mit ärztlichen Dienstleistern finden. Denn auch die Interaktion mit dem Patienten wird sich verändern. Eine digitale Praxis wird ohne sichtbare Geräte daherkommen. Untersuchungen und Gespräche werden per Stimmaufzeichnung ausgewertet auf diagnostische Ergebnisse, Abrechenbarkeit und allgemeine Hinweise für den Patienten und seine Angehörigen. Während der Untersuchung hört eine künstliche Intelligenz mit und zeichnet Relevantes auf. Bei standardisierten Untersuchungen könnte man sich automatisch laufende qualitätssichernde Maßnahmen vorstellen. Dies jedoch nicht vor dem Hintergrund einer betriebswirtschaftlich oder juristisch begründeten Sanktionierung durch Dritte, sondern um die Behandlungsqualität möglichst hoch zu halten, gewissermaßen als Autopilot und Weißabgleich. Ebenfalls denkbar ist, dem Patienten Teile des Gesprächs als Audiodatei zugänglich zu machen, um Fragen, die Angehörige oder Pflegekräfte haben könnten, damit beantworten zu können. Somit wird der Internist zur Schnittstelle in einer Welt der nahtlosen „User Experience“. Ausblick Im vierten Teil der fünfteiligen Aufsatzserie werden wir uns mit den neuen und KI-gekoppelten Konzepten der Telemedizin beschäftigen. Wir werden dazu einen Blick in die „Ohnearztpraxis“ werfen, das consultatorium.digitale besichtigen und mit einer Betrachtung zukunftsträchtiger Einsatzfelder der künstlichen Intelligenz in der Medizin enden. Wir werden eine umfängliche Liste an möglichen Einsatzgebieten vorstellen und ein paar daraus detailliert auf ihren Nutzen und ihre Umsetzungsmöglichkeit hin untersuchen. Im fünften und abschließenden Teil werden wir aus den Leserzuschriften ein Thema auswählen, zu dem wir eine Künstliche Intelligenz aufbauen und im Beitrag die Funktionsweise erläutern und Ergebnisse interpretieren. Sollten Sie eigene Ideen haben zum Einsatz von künstlicher Intelligenz, kontaktieren Sie uns sehr gern per E-Mail. Wir werden Ihren Vorschlag dann entsprechend berücksichtigen. tobias.gantner@healthcarefuturists.com Disclaimer: Wir haben uns beim Verfassen des Textes bei geschlechtsabhängigen Formulierungen wegen der Lesbarkeit des Textes einheitlich für die männliche Version entschieden. Selbstverständlich diskriminieren wir nicht zwischen Geschlechtern, sexueller Orientierung oder persönlicher Identität. connexiplus KI 51
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